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Abfindung: Anspruch aus § 1a KSchG bei betriebsbedingter Kündigung?

Der Arbeitgeber kündigt das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen. Unter welchen Voraussetzungen haben Beschäftigte einen Anspruch auf eine Abfindung?

Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, dass bei betriebsbedingten Kündigungen eine Abfindung zu zahlen ist. Vielmehr werden Abfindungen häufig im Rahmen von Kündigungsschutzklagen oder in Aufhebungs- und Abwicklungsverträgen vereinbart. Häufig finden sich Abfindungsregelungen auch in Sozialplänen und teilweise auch in Tarifverträgen.

Ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung ist unter bestimmten Voraussetzungen in § 1a KSchG (Kündigungsschutzgesetz) geregelt. Dort heißt es: „Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse … und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung. Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.“

Der Anspruch setzt also voraus, dass der Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung ausspricht und die Zahlung einer Abfindung für den Fall anbietet, dass die gekündigte Person nicht innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eine Kündigungsschutzklage erhebt. Nimmt der/die Beschäftigte eine solche Kündigung an, entsteht ein Zahlungsanspruch, der mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig wird.

Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Bruttomonatsgehälter für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten wird aufgerundet. Die Abfindung ist sozialversicherungsfrei, sie muss jedoch nach der sogenannten „Fünftelregelung“ versteuert werden.

Der Sinn des „gesetzlichen“ Abfindungsanspruchs besteht darin, dass Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ohne Durchführung eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens auflösen können und die gekündigte Person trotzdem eine gesetzlich festgelegte Abfindung erhält (§ 1a KSchG). Im Gegensatz zum Abschluss eines Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrags besteht bei einer solchen Vorgehensweise auch der Vorteil, dass Arbeitnehmer*innen keine Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld befürchten müssen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Vorgaben des § 1a KSchG eingehalten werden. Wird beispielsweise eine Abfindung in Höhe eines Bruttogehalts pro Beschäftigungsjahr angeboten, kann die Annahme dieses Angebots zu einer Sperrzeit führen.

Siehe auch den Praxistipp „Arbeitslosengeld: Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe“.

Betroffene sollten sich genau überlegen, ob es sinnvoll ist, das Abfindungsangebot nach § 1a KSchG anzunehmen oder vielleicht doch eine Kündigungsschutzklage zu erheben, in der Hoffnung, eine höhere Abfindung auszuhandeln. Wird im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs eine höhere Abfindung vereinbart, ist – anders als bei Aufhebungsverträgen – keine Sperrzeit zu befürchten.

Im Zweifelsfall sollten gekündigte Arbeitnehmer*innen vor einer abschließenden Entscheidung auf jeden Fall rechtskundigen Rat einholen.

Siehe auch den Praxistipp Abfindung: Ruhen des Arbeitslosengelds?

Redaktioneller Stand: Januar 2023

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