Es ist nicht relevant, wie das Strafverfahren ausgegangen ist. So kann ein Strafverfahren auch enden, ohne dass eine Entscheidung über die Vorwürfe ergangen ist, etwa bei Einstellung der Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft.
Bedeutsam ist, ob der oder die Beschäftigte die Anzeige im guten Glauben erstattet hat. So verhielt es sich im Fall einer Altenpflegerin, die Missstände in der Pflege zum Anlass genommen hatte, den Arbeitgeber wegen schweren Betrugs anzuzeigen. Die Ermittlungen wurden eingestellt und sie bekam daraufhin ihre Kündigung. Die deutschen Arbeitsgerichte hielten die Kündigung für gerechtfertigt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte demgegenüber keinen Zweifel an ihrer Gutgläubigkeit, sah die Meinungsfreiheit als vorrangig gegenüber dem Interesse des Unternehmens an, seinen Ruf zu schützen, und verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung einer Entschädigung wegen Verletzung der Freiheit der Meinungsäußerung.