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Arbeitslosengeld: Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe

Lösen Beschäftigte ihr Arbeitsverhältnis oder geben Anlass dazu, dass der Arbeitgeber ihr Beschäftigungsverhältnis beendet, kann das zu einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe führen (§ 159 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Denn dadurch führen sie vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbei. Was es mit der Sperrzeit auf sich hat, wie lange sie dauert und wie sie vermieden werden kann, beantwortet dieser Artikel.

Grundsätzlich tritt eine Sperrzeit ein, wenn sich Arbeitslose versicherungswidrig verhalten haben, ohne hierzu einen wichtigen Grund zu haben. Dabei gibt es unterschiedliche Tatbestände.

Während der Dauer einer Sperrzeit ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld, und Arbeitslose erhalten kein Geld. Die Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe beträgt grundsätzlich zwölf Wochen.

Sie verkürzt sich

  • auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis ohne die Arbeitsaufgabe ohnehin sechs Wochen später geendet hätte
  • auf sechs Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis zwölf Wochen später geendet hätte.

Eine Verkürzung auf sechs Wochen ist möglich, wenn eine zwölfwöchige Sperrzeit für Arbeitslose eine besondere Härte bedeuten würde.

Eine Sperrzeit mindert die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld um die Tage der Sperrzeit, bei einer Sperrzeit von zwölf Wochen mindestens aber um ein Viertel der gesamten Anspruchsdauer. Besteht zum Beispiel ein Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer von 18 Monaten, erhalten Arbeitslose für insgesamt 4,5 Monate kein Arbeitslosengeld.

Die Arbeitsagentur führt ein sogenanntes „Sperrzeitkonto“. Summieren sich Sperrzeiten auf 21 Wochen, erlischt der Anspruch auf Arbeitslosengeld unter den Voraussetzungen des § 161 Abs. 1 Nr. 2 SGB III vollständig.

Pflichtversicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung sind im ersten Monat der Sperrzeit durch den nachwirkenden Versicherungsschutz abgesichert (§ 19 Abs. 2 SGB V). Privat und freiwillig Versicherte müssen ihre Beiträge zur Krankenversicherung selbst zahlen.

Ab dem zweiten Monat der Sperrzeit setzt die Versicherungspflicht für Arbeitslose ein (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Während der Sperrzeit besteht jedoch kein Anspruch auf Krankengeld und es werden keine Beiträge zur Rentenversicherung abgeführt (§ 49 Abs. 1 Nr. 3a SGB V).

Mit „Lösung des Beschäftigungsverhältnisses“ ist nicht nur eine Eigenkündigung der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers gemeint. Es sind auch sonstige Mitwirkungshandlungen oder Absprachen mit dem Arbeitgeber erfasst, die für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ursächlich sind. Zum Beispiel bei Abschluss eines Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrags, einer vorherigen Absprache über eine Kündigung, der Aufgabe eines unbefristeten Beschäftigungsverhältnisses zugunsten einer befristeten Beschäftigung oder der Hinnahme einer offensichtlich rechtswidrigen Kündigung (zum Beispiel bei fehlender Zustimmung der zuständigen Behörde bei der Kündigung eines Schwerbehinderten oder einer Schwangeren).

Das kann der Fall sein, wenn Beschäftigte ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzen und die Voraussetzungen für eine verhaltensbedingte fristgemäße Kündigung oder für eine fristlose Kündigung vorliegen. Bei einer verhaltensbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber vorher eine Abmahnung ausgesprochen haben.

Im Rahmen einer Interessenabwägung prüft die Arbeitsagentur, ob Beschäftigten das Festhalten am Arbeitsverhältnis zugemutet werden kann. Arbeitslose müssen der Arbeitsagentur ihre Gründe nachweisen. Die können zum Beispiel vorliegen, wenn

  • Beschäftigte gemobbt oder einem erheblichen psychischen Druck ausgesetzt wurden,
  • Arbeitgeber gegen wesentliche Arbeitsschutzbestimmungen oder Vertragspflichten verstoßen haben,
  • die Arbeit sittenwidrig war oder gegen ein Gesetz verstoßen hat,
  • Arbeitgeber Insolvenz angemeldet haben,
  • die Arbeit für den Arbeitnehmer aufgrund seines körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens nicht zumutbar war,
  • eine Ehe- bzw. Lebenspartnerschaft oder Erziehungsgemeinschaft mit einem Kind begründet oder aufrecht erhalten werden soll,
  • Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zusammenziehen wollen oder
  • zur Verhinderung einer ansonsten rechtmäßigen betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung ein Aufhebungsvertrag mit Abfindungszahlung geschlossen worden ist.

Voraussetzung ist aber stets, dass Arbeitnehmer im Vorfeld versucht haben, die Arbeitslosigkeit zu vermeiden oder auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.

Arbeitnehmer*innen sollten sich vor einer geplanten Arbeitsaufgabe beraten lassen. Hilfreich ist das „Merkblatt für Arbeitslose“ der Agentur für Arbeit und die Anweisungen zu § 159 SGB III. Die Informationen gibt es unter www.arbeitsagentur.de.

Bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Kündigung, sollten Beschäftigte eine Kündigungsschutzklage erheben. Werden dann in einem gerichtlichen Vergleich die Modalitäten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses geregelt, kann keine Sperrzeit verhängt werden. Allerdings darf eine solche Einigung nicht bereits vor der Kündigung mit dem Arbeitgeber abgesprochen worden sein. 

Bei Erhalt einer Kündigung sollte man sich auf jeden Fall Rat bei seiner Gewerkschaft oder einem Anwalt holen.

Hat die Arbeitsagentur einen Sperrzeitbescheid erlassen, sollten Betroffene fristgemäß Widerspruch erheben. Ergeht ein Widerspruchsbescheid, bleibt nur noch die Möglichkeit einer Klage vor dem Sozialgericht.

Redaktioneller Stand: April 2016

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