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Arbeitszeugnis

Immer wieder ist das Zeugnis ein Anlass für Unsicherheiten und Ärger. Was gehört hinein? Was nicht? Wann steht es einem zu? Für Arbeitnehmer*innen hängt von einem Zeugnis viel ab.

Der gesetzliche Anspruch auf ein Zeugnis ergibt sich im Allgemeinen aus § 109 GewO und § 630 BGB, wobei von § 630 BGB freie Mitarbeiter, Handelsvertreter*innen und Geschäftsführer*innen erfasst werden. Für gewerbliche Arbeitnehmer*innen gilt § 113 GewO. Bei Berufsausbildungsverhältnissen besteht ein Anspruch aus § 8 BBiG.

Der Anspruch entsteht mit dem Zeitpunkt der Kündigung. Aber auch ohne Kündigung haben Arbeitnehmer*innen Anspruch auf Erteilung eines vorläufigen Zwischenzeugnisses, wenn es der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz dienen soll oder sich ein Anspruch aus tariflichen Regelungen ergibt. Ein solcher tariflicher Anspruch ist z.B. in § 35 Abs. 2 TVöD festgelegt, wonach ein Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses besteht, sofern ein triftiger Grund vorliegt. Ein Zwischenzeugnis unterliegt denselben Grundsätzen wie das Zeugnis anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Arbeitnehmer*innen können zwischen einem einfachen oder einem qualifizierten Zeugnis wählen. Das „einfache Zeugnis“ enthält lediglich einen Nachweis über die Art und Dauer der Beschäftigung. Ein Zeugnis, das sich darüber hinaus auch auf Führung und Leistung erstreckt, ist ein „qualifiziertes Zeugnis“.

Ein bloßer Beschäftigungsnachweis wie das einfache Zeugnis kann nicht dem beruflichen Fortkommen dienen. Es sollte daher regelmäßig ein qualifiziertes Zeugnis verlangt werden.

Das Zeugnis muss schriftlich sein. Die Ausstellung in elektronischer Form ist unzulässig (vgl. § 109 Abs. 3 GewO); das gilt auch für E-Mail oder Telefax. Das Zeugnis muss vielmehr auf Schreibmaschine geschrieben oder mit der Textverarbeitung erstellt und grundsätzlich auf Firmenbogen gedruckt sein. Das Zeugnis muss vom Arbeitgeber oder einer vertretungsberechtigten Person unterzeichnet sein. Auch die sonstige Form muss den üblichen Anforderungen entsprechen. Tippfehler, Flecken oder Streichungen gehören nicht in ein Zeugnis.

Der Arbeitgeber unterliegt bei der Ausstellung der Wahrheitspflicht. Darüber hinaus ist er verpflichtet, Arbeitnehmer*innen ein wohlwollendes Zeugnis auszustellen, um die berufliche Zukunft nicht zu gefährden. Er hat allerdings einen gewissen Ermessensspielraum: Er kann einzelne Leistungen oder Eigenschaften mehr oder weniger hervorheben. Es muss sich aber eine Gesamtbeurteilung ergeben.

In der Praxis hat sich eine Zeugnissprache herausgebildet, die mit bestimmten Codes arbeitet. Die Formulierung „zu unserer Zufriedenheit“ wird als Dokumentation einer lediglich ausreichenden Arbeitsleistung angesehen, ebenso wie „wir waren mit den Leistungen zufrieden“. „Stets zu unserer Zufriedenheit“ oder „zu unserer vollen Zufriedenheit“ sind etwas positiver, werden aber auch nur mit „befriedigend“ übersetzt. Eine gute Bewertung drückt sich dagegen in den Formulierungen „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ bzw. „voll und ganz zufrieden“ aus. Sehr gute Leistungen werden wie folgt umschrieben: „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“, „in jeder Hinsicht außerordentlich zufrieden“.

Mit dem Problem der Zeugnissprache musste sich auch das Bundesarbeitsgericht befassen. Ein Arbeitnehmer war nicht mit der Formulierung „zur vollen Zufriedenheit“ einverstanden und klagte auf Zeugnisberichtigung. Er wollte bestätigt haben, dass er „stets zur vollen Zufriedenheit“ gearbeitet habe. Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 14.10.2003 – 9 AZR 12/03) hat ihm grundsätzlich recht gegeben. Nach der im Arbeitsleben weithin üblichen „Zufriedenheitsskala“, so erklärt das Gericht, habe der beklagte Arbeitgeber dem Kläger lediglich eine durchschnittliche und keine gute Gesamtleistung bescheinigt.

Durch ein unrichtiges Zeugnis wird der Zeugnisanspruch nicht erfüllt. Der Berichtigungsanspruch kann mit einer Zeugnisberichtigungsklage durchgesetzt werden.

Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast gelten nach der Entscheidung des BAG vom 14.10.2003 folgende Grundsätze: Hat der Arbeitgeber Arbeitnehmer*innen insgesamt eine „durchschnittliche“ Leistung bescheinigt, haben Arbeitnehmer*innen die Tatsachen vorzutragen und zu beweisen, aus denen sich eine bessere Beurteilung ergeben soll. Hat der Arbeitgeber Arbeitnehmer*innen als „unterdurchschnittlich“ beurteilt, obliegt es dem Arbeitgeber, die seiner Beurteilung zugrunde liegenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen.

Diese Rechtsprechung hat das BAG jüngst bestätigt (Urteil vom 18.11.2014 – 9 AZR 584/13), nachdem das ArbG Berlin (Urteil vom 26.10.2012 – 28 Ca 18230/11) in erster Instanz und das LAG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 21.3.2013 – 18 Sa 2133/12) in zweiter Instanz diese Herangehensweise angesichts des hohen Anteils an guten und sehr guten Bewertungen in Arbeitszeugnissen als überholt ansahen. Als Folge der weitgehenden „Abschaffung“ der Note „befriedigend“ in der Praxis der Arbeitszeugnisse folgerten das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht, dass der Arbeitgeber darlegen und beweisen muss, dass die Voraussetzungen für die Note „gut“ bzw. „sehr gut“ nicht vorliegen.

Die Tätigkeit als Betriebsrats- bzw. Personalratsmitglied ist grundsätzlich nicht zu erwähnen, wenn Arbeitnehmer*innen nicht damit einverstanden sind (vgl. BAG 19.8.1992, NZA 93, 222).

Etwas anderes kommt in Betracht, wenn eine Beurteilung ausnahmsweise wegen der völligen Freistellung ohne Erwähnung der ehrenamtlichen Tätigkeit gar nicht möglich ist, ein qualifiziertes Zeugnis aber gewünscht wird (vgl. BAG, a.a.O.).

Für den Bereich des öffentlichen Dienstes ist in diesem Zusammenhang noch zu erwähnen, dass eine ehrenamtliche Tätigkeit in einer personalvertretungsrechtlichen Funktion, z.B. als Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung, in einer dienstlichen Regelbeurteilung grundsätzlich nicht enthalten sein darf (BAG, a.a.O.).

Redaktioneller Stand: November 2014

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