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Ausgleichsquittung – welche Risiken hat die Unterschrift bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses?

Bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses verlangt der Arbeitgeber häufig die Unterzeichnung einer Ausgleichsquittung von den ausscheidenden Arbeitnehmer*innen. Das kann heikel sein, wenn Beschäftigte zum Beispiel auf Rechtsansprüche verzichten. Was ist zu beachten?

Bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses verlangen Arbeitgeber häufig, dass eine so genannte Ausgleichsquittung unterschrieben wird. Mit der Unterschrift erklären ausscheidende Beschäftigte, gegenüber dem Arbeitgeber keine Ansprüche mehr zu haben. Solange lediglich der Erhalt bestimmter Unterlagen bestätigt wird (Entgeltabrechnung, Arbeitspapiere, Zeugnis) oder die Übergabe von Büroschlüssel, Werkzeug oder Dienstwagen, sind solche Quittungen unproblematisch.

Eine Ausgleichsquittung wird immer dann problematisch, wenn Beschäftigte Aussagen unterschreiben sollen, die einen allgemeinen Verzicht beinhalten.

Rechtsqualität und Reichweite einer Ausgleichsquittung, die insbesondere als deklaratorisches bzw. konstitutives negatives Schuldanerkenntnis oder Erlassvertrag in Erscheinung treten kann, sind durch Auslegung zu ermitteln. Soll lediglich die angenommene Rechtslage eindeutig dokumentiert und fixiert werden, ist von einem deklaratorischen negativen Schuldanerkenntnis auszugehen. Sollen alle bekannten oder unbekannten Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zum Erlöschen gebracht werden, handelt es sich um ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis nach § 397 Abs. 2 BGB. Gehen die Parteien vom Bestehen einer bestimmten Schuld aus, die nicht mehr erfüllt werden soll, liegt ein Erlassvertrag gem. § 397 Abs. 1 BGB vor (BAG vom 23.10.2013 – 5 AZR 135/12).

Die unbedachte Unterzeichnung einer Ausgleichsquittung kann unliebsame Folgen haben. Von einem solchen Verzicht können beispielsweise übertarifliche Zulagen, Provisionen, vertraglich vereinbartes Weihnachts- und Urlaubsgeld, vertraglich vereinbarte Überstundenvergütung oder Reisespesen erfasst werden. Die Beispiele machen deutlich, wie weitreichend die Konsequenzen einer Unterschriftsleistung bei der Vorlage einer Ausgleichsquittung sein können.

Ansprüche, die kraft Gesetzes unverzichtbar sind (z.B. Entgeltfortzahlung – § 12 EntgeltfortzG, gesetzlicher Mindestlohn – § 3 MiLoG), bleiben von einer Ausgleichsquittung unberührt. Ebenfalls kann auf Rechte aus einer Betriebsvereinbarung oder auf tarifliche Ansprüche grundsätzlich nicht verzichtet werden (Ein Verzicht ist nur mit Zustimmung des Betriebsrats bzw. der Tarifvertragsparteien zulässig, s. §§ 77 Abs. 4 S. 2 BetrVG, 4 Abs. 4 S. 1 TVG.). Auch der Verzicht auf den Kündigungsschutz kann unwirksam sein. So wird der formularmäßige Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ohne Gegenleistung des Arbeitgebers (wie z.B. Zahlung einer Entlassungsentschädigung) vom Bundesarbeitsgericht als unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB angesehen und somit für unwirksam erachtet (BAG vom 25.09.2014 – 2 AZR 788/13).

Von einer Ausgleichsquittung werden zudem grundsätzlich Ruhegeldansprüche und Anwartschaften sowie der Anspruch auf Zeugniserteilung nicht umfasst.

Sofern nicht völlig eindeutig ist, dass keine Ansprüche mehr bestehen, sollten Beschäftigte, bevor sie unterschreiben, erklären, dass eine Bedenkzeit notwendig ist. Dadurch wird Zeit gewonnen, um sich rechtlich beraten zu lassen und zu prüfen, ob noch Ansprüche bestehen können.

Denkbar ist auch, die Passage, mit der der Verzicht auf alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung erklärt wird, durchzustreichen. Es ist außerdem empfehlenswert, ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen.

Eine Anfechtung der Ausgleichsquittung kommt z.B. dann in Betracht, wenn Arbeitnehmer*innen über den Inhalt der Ausgleichsquittung im Irrtum gewesen sind, oder der Arbeitgeber widerrechtlich gedroht oder arglistig getäuscht hat.

Redaktioneller Stand: August 2017

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