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Berufsausbildung und Ausbildungsende

Die Berufsausbildung ist ein wichtiger Lebensabschnitt und mit vielen rechtlichen Fragen verbunden. Die wesentliche Rechtsgrundlage für den Berufsausbildungsvertrag ist das Berufsbildungsgesetz (BBiG). Wichtige Rechtsgrundlagen sind darüber hinaus Ausbildungs- und Prüfungsordnungen, die in den Bereichen der Industrie- und Handelskammern sowie im Handwerk bestehen.

Während die Vertragsparteien den Beginn der Ausbildung grundsätzlich frei vereinbaren können, ergibt sich die Dauer der Ausbildung aus der Ausbildungsordnung. Daher ist prinzipiell davon auszugehen, dass das Ende der Ausbildungszeit mit dem Ende des vereinbarten Berufsausbildungsverhältnisses identisch ist. Das muss aber keineswegs immer so sein. In bestimmten Fällen ist eine Verkürzung oder eine Verlängerung möglich.

Das Berufsausbildungsverhältnis endet als befristeter Vertrag grundsätzlich nach einer bestimmten Zeit. Im Fall einer Stufenausbildung endet es nach der letzten Stufe (§ 21 Abs. 1 BBiG). Es kann jedoch auch aus anderen Gründen beendet werden. Etwa wenn sich beide Parteien darüber einig sind, das Ausbildungsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag zu beenden. Dieser bedarf wegen seiner Tragweite der Schriftform, bei Minderjährigen muss die gesetzliche Vertreterin/der gesetzliche Vertreter zustimmen.

Obwohl es sich um einen befristeten Vertrag handelt, kann das Ausbildungsverhältnis auch gekündigt werden – während der Probezeit sogar jederzeit von beiden Seiten, ohne dass eine Kündigungsfrist eingehalten werden muss (§ 22 Abs. 1 BBiG). Die Kündigung muss schriftlich erfolgen. Nach der Probezeit kann Auszubildenden nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Liegt ein solcher vor, entfällt die Kündigungsfrist.

Die Rechtsprechung stellt an diesen „wichtigen Grund“ sehr strenge Anforderungen. Selbst bei Verstößen – häufiges Zuspätkommen, unentschuldigtes Fernbleiben oder eigenmächtiges Überschreiten des Urlaubs – liegt nicht ohne Weiteres ein wichtiger Grund für eine Kündigung vor. Auch das Alter von Auszubildenden spielt eine Rolle. Denn Minderjährige können die Problematik ihres Verhaltens häufig nicht richtig einschätzen. Zudem muss der Arbeitgeber das bisherige Verhalten prüfen und abwägen, ob die Verstöße geeignet sind, das Ausbildungsziel infrage zu stellen, allerdings auch, ob dem Ausbildenden die Fortsetzung der Ausbildung zumutbar ist.

Die Gründe haben umso mehr Gewicht, je näher der Zeitpunkt der Prüfung rückt. Ausnahmsweise können betriebsbedingte Gründe vorliegen, zum Beispiel bei einer Betriebsstillegung. Bei einer Teilbetriebsstillegung wird es jedoch häufig möglich sein, das Ausbildungsverhältnis in einem anderen Bereich des Betriebs fortzusetzen.

Bei der Frage, aus welchem Grund ein Ausbildungsverhältnis aufgelöst werden kann, ist aus der Sicht von Auszubildenden das Berufsbildungsgesetz wichtig (§ 22 Abs. 2 Nr. 24 BBiG). Danach können Auszubildende das Ausbildungsverhältnis – mit einer Frist von vier Wochen – kündigen, wenn sie die Berufsausbildung aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen wollen.

Das Ausbildungsverhältnis endet bei bestandener Prüfung mit Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss (§ 21 Abs. 2 BBiG). Den konkreten Verfahrensablauf regelt die jeweilige Prüfungsordnung des Ausbildungsganges.

Das ist aus mehreren Gründen möglich:

  • bei Nichtbestehen der Abschlussprüfung
  • bei der Inanspruchnahme von Elternzeit.

Außerdem kann auch die zuständige Stelle, also etwa die IHK, die Ausbildungszeit verlängern. Voraussetzung ist, dass die Verlängerung notwendig ist, um das Ausbildungsziel zu erreichen. Auszubildende müssen einen entsprechenden Antrag stellen. Vor der Entscheidung der zuständigen Stelle ist auch die Ausbilderin/der Ausbilder anzuhören (§ 8 Abs. 2 BBiG).

Bestehen Auszubildende die Abschlussprüfung nicht, können sie verlangen, das Ausbildungsverhältnis bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung fortzusetzen, höchstens aber ein Jahr (§ 21 Abs. 3 BBiG). Die Verlängerung erfolgt gegebenenfalls gegen den Willen des Ausbilders. Es kommt auch nicht darauf an, ob zu erwarten ist, dass die/der Auszubildende die Wiederholungsprüfung besteht.

Ein besonderes Problem entsteht, wenn Auszubildende an der Abschlussprüfung aus Gründen nicht teilnehmen können, die in ihrer Person liegen: zum Beispiel bei Krankheit. Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu festgestellt, dass Auszubildende in diesen Fällen die Verlängerung der Ausbildung bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung verlangen können.

Das Ausbildungsverhältnis ist ein befristetes Vertragsverhältnis. Sofern nichts anderes vereinbart ist, besteht kein Anspruch auf Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Es kommt allerdings oft vor, dass im Anschluss an die Ausbildung ein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbart wird. Mitunter gibt es auch entsprechende tarifliche Regelungen. Auszubildende sollten also prüfen, ob und inwieweit tarifliche Regelungen gelten.

Wenn solche Übernahmegarantien nicht bestehen, kann ein – sogar unbefristetes – Arbeitsverhältnis dadurch entstehen, dass der Auszubildende im Anschluss an die Ausbildung weiterbeschäftigt wird. Das legt das BBiG ausdrücklich fest (§ 24 BBiG).


Das entspricht ebenfalls der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Es stellte fest, dass bei einer Weiterbeschäftigung nach der Ausbildung, obwohl keine ausdrückliche Vereinbarung vorliegt, ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit begründet wird (BAG vom 16.06.2005 – 6 AZR 411/04).

Ehemalige Auszubildende haben Anspruch auf das Arbeitsentgelt, wie es für die entsprechende Tätigkeit im Betrieb gezahlt wird, zum Beispiel Grundgehalt und Zuschläge oder Facharbeiterlohn. Sofern das Kündigungsschutzgesetz im Betrieb Anwendung findet, gilt es auch für den weiterbeschäftigten Auszubildenden, da die vorgesehene Wartezeit von sechs Monaten bereits durch die Ausbildungszeit erfüllt ist (§ 1 Abs. 1 KSchG).

Das Betriebsverfassungsgesetz sieht hier einen besonderen Weiterbeschäftigungsanspruch (§ 78a BetrVG). Will der Arbeitgeber einen Auszubildenden, der Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung oder Mitglied des Betriebsrats, der Bordvertretung oder des Seebetriebsrats ist, nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernehmen, so hat er dies dem Auszubildenden drei Monate vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses schriftlich mitzuteilen (§ 78a Abs. 1 BetrVG).

Verlangt jedoch ein JAV-Mitglied innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses schriftlich vom Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung, so gilt ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet (§ 78a Abs. 2 BetrVG).

Die Rechtsfolge der Weiterbeschäftigung aufgrund des schriftlichen Verlangens des JAV-Mitglieds gilt übrigens für alle Ausbildungsverhältnisse (§ 78a BetrVG). Ob davon zum Beispiel auch ein Volontariat erfasst ist, hängt davon ab, wie das Vertragsverhältnis gestaltet ist. Liegt der Schwerpunkt auf der Arbeitsleistung, findet das Betriebsverfassungsgesetz keine Anwendung (§ 78a BetrVG). Steht dagegen die Ausbildung für eine spätere qualifizierte Tätigkeit im Vordergrund und ist ein geordneter Ausbildungsgang von mindestens zwei Jahren vorgesehen, handelt es sich um ein Vertragsverhältnis im Sinne des BBiG und damit um eine Ausbildung (§ 26 und § 78a BetrVG, vgl. BAG vom 01.12.2004).
 

Redaktioneller Stand: März 2019

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