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Beschlussfassung per Video- oder Telefonkonferenz nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz

Auf der Grundlage seiner Beschlüsse agiert der Personalrat in der betrieblichen Öffentlichkeit und vertritt die Interessen der Beschäftigten gegenüber der Dienststelle. Es ist enorm wichtig, dass die Beschlüsse der Personalvertretung immer ordnungsgemäß gefasst werden. Nur so können sie im Konfliktfall vor dem Verwaltungsgericht oder Arbeitsgericht (wenn es zum Beispiel um Streitigkeiten von Beschäftigten mit der Dienststelle geht) Bestand haben und bewiesen werden.

Die im Folgenden dargestellten Regelungen gelten auch für die Beschlussfassung der Jugend- und Auszubildendenvertretung.

Nach wie vor sind nicht alle Personalratsmitglieder in der Dienststelle anwesend; viele sind noch im Homeoffice. Der Gesetzgeber hat reagiert und in § 37 Abs. 3 BPersVG folgende Regelung aufgenommen: Personalratsmitglieder können mittels Video- oder Telefonkonferenzen an Sitzungen teilnehmen, wenn
1. vorhandene Einrichtungen genutzt werden, die durch die Dienststelle zur dienstlichen Nutzung freigegeben sind,
2. vorbehaltlich einer abweichenden Regelung in der Geschäftsordnung kein Mitglied des Personalrates unverzüglich nach Bekanntgabe der Absicht zur Durchführung der Sitzung mittels Video- oder Telefonkonferenz diesen Verfahren gegenüber dem Vorsitzenden widerspricht und
3. der Personalrat geeignete organisatorische Maßnahmen trifft, um sicherzustellen, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können.

Eine Aufzeichnung ist unzulässig. Personalratsmitglieder, die mittels Video- oder Telefonkonferenz an Sitzungen teilnehmen, gelten als anwesend. § 41 Absatz 1 Satz 3 findet mit der Maßgabe Anwendung, dass der Vorsitzende vor Beginn der Beratung die zugeschalteten Personalratsmitglieder feststellt und in die Anwesenheitsliste einträgt.

Diese Regelungen sind am 25. Mai 2020 in Kraft getreten.

Der Personalrat vertritt als Kollegialorgan und Gremium die Rechte der Beschäftigten. Die Beschlussfassung ist Ausdruck eines gemeinsamen demokratischen Entscheidungsprozesses über die beteiligungspflichtigen Angelegenheiten. Der/Die Vorsitzende des Personalrats oder im Fall seiner/ihrer Verhinderung die Stellvertretung vertritt den Personalrat im Rahmen der Beschlüsse unabhängig davon, ob diese in einer Präsenzsitzung oder per Video- oder Telefonkonferenz beschlossen wurden.

Ja, die Beschlussfassung in Präsenzsitzungen geht nach wie vor der Beschlussfassung mittels Video- oder Telefonkonferenz vor. Voraussetzung ist, dass die Hygienestandards unter Einbeziehung der Vorgaben des RKI, des SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards des BMAS, der Anordnungen und Verfügungen der Bundesländer und örtlichen Gesundheitsbehörden sowie der betrieblichen Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten eingehalten werden und es den Personalrats- oder im Fall einer Verhinderung den Ersatzmitgliedern möglich ist, an einer Präsenzsitzung teilzunehmen.

Gehören Mitglieder des Personalrats einer Risikogruppe (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogruppen.html) an und können aufgrund der erhöhten Gefährdung der eigenen Gesundheit nicht an der Präsenzsitzung teilnehmen, können die betreffenden Mitglieder über Videokonferenz zugeschaltet werden.

Die Sitzungen beruft der/die Vorsitzende des Personalrats ein. Er/Sie entscheidet auch, ob es notwendig ist, die Sitzungen mittels Video- oder Telefonkonferenz abzuhalten. Nicht die Dienststellenleitung entscheidet!

Können Beschlüsse nur mittels Video- oder Telefonkonferenz durchgeführt werden, muss gewährleistet sein, dass auch alle Mitglieder des Personalrats oder des Vorstands und Ersatzmitglieder (regelmäßige Nachrücker*innen) die technischen Voraussetzungen haben, um an den Sitzungen teilnehmen zu können. Ist das nicht der Fall, werden gewählte Mitglieder des Personalrats aus der Entscheidungsfindung im Gremium und Beschlussfassung ausgeschlossen. Die Beschlüsse wären damit unwirksam.

Darüber hinaus müssen der Schutz der personenbezogenen Daten der Mitglieder des Personalrats und der Beschäftigten, wenn es zum Beispiel um die Beschlussfassung über personelle Einzelmaßnahmen geht, und die Einhaltung von § 10 BPersVG gewährleistet werden. Hier gelten die Regelungen der DSGVO in Verbindung mit § 26 BDSG. Das bedeutet: Personenbezogene Daten müssen bei der Vorabübermittlung und Einladung zur virtuellen PR-Sitzung verschlüsselt werden.

Darüber hinaus gelten die übrigen Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Geschäftsführung des Personalrats nach den §§ 32 ff. BPersVG (u.a. Nichtöffentlichkeit der Sitzung, Einladung von JAV/SBV, Anfertigung einer Sitzungsniederschrift usw.).

Wird in der Dienststelle bereits eine Video- oder Telefonkonferenzsoftware benutzt und kann gewährleistet werden, dass der Personalrat sie unter Beachtung seiner Rechte aus dem Bundespersonalvertretungsgesetz und ohne abgehört zu werden nutzen kann, kann diese verwendet werden.

Gibt es keine entsprechende Software oder ist diese für den Personalrat in der Anwendung nicht sicher, kann mittels Video- oder Telefonkonferenz auch kein Beschluss gefasst werden (siehe § 37 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BPersVG).

Es ist sinnvoll, in einer „Geschäftsordnung zu § 37 Abs. 3 BPersVG“ die Voraussetzungen für die Durchführung einer Sitzung per Video- oder Telefonkonferenz zu regeln. Die Geschäftsordnung kann u.a. Folgendes enthalten:

  • Wer entscheidet über die Durchführung der Beschlussfassung mittels Video- oder Telefonkonferenz (der/die Vorsitzende bzw. die Stellvertretung allein oder gibt es eine Entscheidung im Gremium)?
  • Was sind konkrete Voraussetzungen für die Beschlussfassung mittels Video- oder Telefonkonferenz?
  • Welche vorhandenen Einrichtungen der Dienststelle und welches Tool/welcher Softwareanbieter wird für die Video- oder Telefonkonferenzen genutzt?
  • Wie erfolgt die Umsetzung der datenschutzrechtlichen Regelungen?
  • Kann eine Beschlussfassung in Personalratsausschüssen mittels Video- oder Telefonkonferenz erfolgen?
  • Wie und wann erfolgt die Einladung zur virtuellen Sitzung und Beschlussfassung?
  • Wann liegt ein Verhinderungsfall für die Teilnahme an einer Beschlussfassung mittels Video- oder Telefonkonferenz vor? Wann muss ein Ersatzmitglied geladen werden?
  • In welcher Zeit müssen Mitglieder des Personalrats der/dem Vorsitzenden die Nichtteilnahme an der Video- oder Telefonkonferenz mitteilen? In welcher Form?
  • Wie erfolgt die Feststellung, wer an der Video- oder Telefonkonferenz teilnimmt?
  • Wie erfolgt die Feststellung der Beschlussfassung und der Votierung für die einzelnen Beschlüsse konkret (z.B. Vorlesen des zu fassenden Beschlusses und Einzelabfrage durch Vorsitzende, ob mit ja oder nein abgestimmt wird, abschließende Verkündung des Ergebnisses)?

Bestehende Geschäftsordnungen des Personalrats können entsprechend ergänzt werden.

Zunächst sollte per E-Mail (mit Lesebestätigung) eine Einladung zur Personalratssitzung an folgenden Personenkreis gehen: alle Personalratsmitglieder (und erforderlichenfalls Ersatzmitglieder), die JAV (wenn im Betrieb vorhanden) und die SBV sowie Gewerkschaftsbeauftragte – und zwar unter rechtzeitiger Mitteilung einer genauen Tagesordnung.

Wie auch bei einer Präsenzsitzung muss die Beschlussfähigkeit gewährleistet sein. Diese liegt vor, wenn mindestens die Hälfte der Personalratsmitglieder oder gegebenenfalls Ersatzmitglieder bei der Personalratssitzung per Telefon- oder Videokonferenz anwesend sind (§ 37 Abs. 2 BPersVG).

Empfehlung: Unbedingt die Beschlussfähigkeit des Gremiums prüfen!

Da es passieren kann, dass bei Telefon- oder Videokonferenzen die Verbindung zu einzelnen PR-Mitgliedern unbemerkt unterbrochen wird, ist es ratsam, zu Beginn der Behandlung eines Tagesordnungspunkts und vor jeder Abstimmung die Beschlussfähigkeit zu überprüfen. Dies kann in Telefonkonferenzen durch Einzelabfrage und Zuruf erfolgen. In einer Videokonferenz oder bei Nutzung von Konferenztools kann der Teilnehmendenstatus noch leichter überprüft werden. Aber auch hier sollte man prüfen, ob die Mikrofone funktionieren.

Die Beschlussfassung erfolgt mit der Mehrheit der Stimmen der in der Telefon- oder Videokonferenz anwesenden Mitglieder. Ausnahme: Beschließt der Personalrat eine Geschäftsordnung, muss dieser Beschluss mit der Mehrheit der Mitglieder und nicht nur mit der Mehrheit der anwesenden Mitglieder gefasst werden. Bei Stimmengleichheit ist der Antrag abgelehnt. Der Wortlaut der Beschlüsse und die Stimmenmehrheit müssen dann auch im Protokoll erfasst werden. Darüber hinaus sollte vermerkt werden, dass der Beschluss in einer Telefon- oder Videokonferenz erfolgt ist.

Damit nichts unbeachtet bleibt, gibt es hier eine Checkliste zur Beschlussfassung zum Download.

Für Wahlvorstände ist keine Beschlussfassung über Telefon- oder Videokonferenz vorgesehen. Nach § 1 Abs. 4 BPersWO trifft der Wahlvorstand – ebenso wie der Personalrat nach § 37 BPersVG – Kollegialentscheidungen. Auch für den Wahlvorstand ist der Beschluss in einer Sitzung die allein mögliche Form der Willensbildung. Warum der Gesetzgeber für die Wahlvorstände die Möglichkeit der Beschlussfassung über Telefon- oder Videokonferenz nicht ausdrücklich geregelt hat, ist unklar. Dies hinterlässt zumindest eine Unsicherheit darüber, ob Wahlvorstände auch mittels Video- oder Telefonkonferenz in analoger Anwendung des § 37 Abs. 3 BPersVG Beschlüsse fassen können.

Redaktioneller Stand: Juni 2020

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