Wissen für BR, PR, JAV, MAV + SBV

Karneval – arbeitsrechtliche Fragen

In der Zeit von Weiberfastnacht bis Aschermittwoch herrscht vielerorts ein regelrechter Ausnahmezustand. Das karnevalistische Treiben wirft aber auch häufig arbeitsrechtliche Fragen auf, die hier in ihren Grundzügen dargestellt werden sollen.

Auch wenn der Straßenkarneval in den Karnevalshochburgen von Weiberfastnacht bis Aschermittwoch das tägliche Geschehen nahezu bestimmt, gibt es keinen generellen Anspruch auf Arbeitsbefreiung aus einem „regionalen Gewohnheitsrecht“.

Der Arbeitgeber ist grundsätzlich in seiner Entscheidung frei, ob er den Rosenmontag als normalen Arbeitstag oder als zusätzlichen bezahlten „Feiertag“ behandelt. In dieser Frage hat der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 3 BetrVG – dies hat das LAG Köln im Jahr 2013 entschieden (Beschluss vom 25.04.2013 – 7 TaBV 77/12).

Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsbefreiung kann sich nur aus einem Tarifvertrag, einer freiwilligen Betriebsvereinbarung oder einer arbeitsvertraglichen Regelung ergeben.

Besteht keine solche Vereinbarung, kann ein Anspruch auf Arbeitsbefreiung gegebenenfalls aus einer sogenannten „betrieblichen Übung“ hergeleitet werden.

Eine betriebliche Übung liegt nach der in der Rechtsprechung gebräuchlichen Definition vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Verhaltensweisen regelmäßig wiederholt, aus denen die Arbeitnehmer*innen schließen können, dass ihnen eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden soll. Danach entsteht eine betriebliche Übung, wenn der Arbeitgeber mindestens drei Jahre eine Leistung gewährt, ohne dass er ausdrücklich auf die Freiwilligkeit der Leistung hinweist oder sich den Widerruf der Leistung eindeutig vorbehält.

Dementsprechend hat das LAG Düsseldorf (Urteil vom 3.9.1993 – 17 Sa 584/93) entschieden, dass ein Anspruch auf bezahlte Arbeitsbefreiung auch für die Zukunft entstanden ist, wenn der Arbeitgeber über drei Jahre hinweg vorbehaltlos und ohne jede Einschränkung an Rosenmontag oder anderen Brauchtumstagen bezahlte Arbeitsbefreiung gewährt.

Besteht jedoch kein Anspruch auf bezahlte Arbeitsbefreiung, muss Urlaub eingereicht werden. Wird dieser nicht genehmigt oder ist dieses zu befürchten, ist trotz der Enttäuschung Vorsicht geboten: Droht ein*e Arbeitnehmer*in die Arbeitsunfähigkeit für den Fall an, dass der begehrte Urlaub nicht gewährt wird, kann es sich um einen Grund zur fristlosen Kündigung handeln (vgl. BAG vom. 12.3.2009 – 2 AZR 251/07).

Das Verlassen des Arbeitsplatzes, um sich den Karnevalsumzug anzusehen, stellt ohne das Vorliegen einer anderweitigen Regelung eine Arbeitsverweigerung dar, welche mit einer Abmahnung geahndet werden kann.

Etwas anderes gilt regelmäßig, wenn eine Live-Übertragung des Karnevalsumzugs am Radio verfolgt wird. Der/Die Arbeitnehmer*in ist aufgrund des Arbeitsvertrags verpflichtet, die übertragene Arbeit ordnungsgemäß zu verrichten, d.h. konzentriert und sorgfältig zu arbeiten und die Arbeit nicht zu unterbrechen, um privaten Interessen nachzugehen. Ist diese ordnungsgemäße Erfüllung der Arbeitspflicht durch das Radiohören nicht beeinträchtigt, liegt im Radiohören auch keine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten (BAG vom 14.1.1986 – 1 ABR 75/83). Es kommt allerdings auf den Einzelfall an.

In Betrieben ohne Betriebsrat kann der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts bestimmen, dass das Radiohören generell oder zu bestimmten Zeiten untersagt ist.

In Betrieben mit Betriebsrat darf eine solch einseitige Anordnung nicht erfolgen. Die Frage des Radiohörens betrifft die Ordnung im Betrieb und ist daher gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig.

Hinsichtlich des Genusses von Alkohol ist zu beachten, dass alle Arbeitnehmer*innen die Pflicht haben, ihre Leistungsfähigkeit und die Sicherheit am Arbeitsplatz nicht durch den Alkoholkonsum zu beeinträchtigen. Die Verhängung eines Alkoholverbots liegt grundsätzlich in der Entscheidungsmacht des Arbeitgebers. In Betrieben mit Betriebsrat unterliegt der Erlass eines Alkoholverbots jedoch der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 und 7 BetrVG (vgl. BAG vom 12.2.1990 – 1 ABR 11/89).

In den Karnevalsmetropolen ist zwar allgemein bekannt, dass das Tragen einer Krawatte an Weiberfastnacht schnell bedeuten kann, dass diese „gekürzt“ wird. Allerdings ist trotzdem Vorsicht geboten.

So hat das Amtsgericht Essen entschieden, dass das ungewollte Abschneiden einer Krawatte zu einer Schadensersatzpflicht führt (vgl. ArbG Essen vom 3.2.1988 – 20 C 691/87).

Redaktioneller Stand: Februar 2023

© ver.di Bildung + Beratung Gem. GmbH

nach oben