Personalakte: Einsichtsrecht
Die Personalakte hat eine große Bedeutung. Sie dokumentiert alles, was zum Arbeitsverhältnis gehört. Arbeitnehmer/-innen sollten sich über den Inhalt schlau machen und gegebenenfalls reagieren. Was ist zu beachten?
Die Personalakte hat eine große Bedeutung. Sie dokumentiert alles, was zum Arbeitsverhältnis gehört. Arbeitnehmer/-innen sollten sich über den Inhalt schlau machen und gegebenenfalls reagieren. Was ist zu beachten?
Gesetzliche Regelungen zur Einsichtnahme in die Personalakte finden sich z.B. in § 83 Abs. 1 BetrVG und § 26 Abs. 2 SprAuG. Tarifvertragliche Regelungen finden sich in § 3 Abs. 4 S. 2 TVöD bzw. § 3 Abs. 6 S. 2 TV-L. Ebenso haben Arbeitnehmer/-innen einen Anspruch nach § 34 S. 1 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz) auf Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Daten. Das Recht ergibt sich aber auch allgemein aus einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht.
In § 83 Abs. 1 BetrVG ist insbesondere geregelt, dass Arbeitnehmer/-innen das Recht haben, in die über sie geführten Personalakten Einsicht zu nehmen. Er bzw. sie kann hierzu ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen. Das Mitglied des Betriebsrats hat über den Inhalt der Personalakte Stillschweigen zu bewahren, sofern es von der Arbeitnehmerin bzw. dem Arbeitnehmer im Einzelfall nicht von dieser Verpflichtung entbunden wird. Der Betriebsrat bzw. der Personalrat darf Personalakten nur mit Zustimmung der bzw. des Beschäftigten einsehen.
Personalakte ist jede Sammlung von Unterlagen über eine bestimmte Arbeitnehmerin bzw. einen bestimmten Arbeitnehmer im Betrieb. Üblicherweise finden sich in einer Personalakte neben den eigentlichen Arbeitspapieren (z.B. Lohnsteuerkarte) wesentliche arbeitnehmerbezogene Angaben und Unterlagen, so etwa über: vorhandene Berufsbildung, Fähigkeiten, Leistungen, Beurteilungen, Arbeitsunfälle, Weiterbildungsmaßnahmen, Eignungstests, Zeugnisse, Lohn- und Gehaltsveränderungen einschließlich eventueller Darlehen und Pfändungen. Aber auch Abmahnungen werden in der Personalakte aufgehoben.
Bereits diese Beispiele machen deutlich, dass eine Personalakte große Bedeutung für die einzelnen Beschäftigten haben kann, vor allem für ihr berufliches Fortkommen. Die Bedeutung steigt noch dadurch, dass zur Personalakte nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts auch alle anderen Aufzeichnungen und Unterlagen gehören, die das Arbeitsverhältnis betreffen oder mit ihm in Zusammenhang stehen. Dazu gehören also auch Sonder- und Nebenakten wie z.B. Unterlagen des Werkschutzes, aber auch Aufzeichnungen von Vorgesetzten.
Zur Personalakte gehören ferner Unterlagen, die im Unternehmen oder im Konzern über die einzelnen Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer geführt werden, und zwar auch solche, die von Dritten angelegt worden sind, soweit der Arbeitgeber darüber verfügen kann. Das Führen von Geheimakten ist unzulässig.
Bestimmte Informationen dürfen dagegen nicht in die Personalakte aufgenommen werden. Der Arbeitgeber darf zum Beispiel keine Listen mit Krankentagen oder Krankheitsgründen führen und in der Personalakte aufbewahren. Auch die Unterlagen eines Betriebsarztes (insbes. "Befundbogen") gehören wegen der ärztlichen Schweigepflicht nicht in die Personalakte. Der Arbeitnehmer hat nach § 3 Abs.2 Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) jedoch Anspruch auf Mitteilung des Ergebnisses der Untersuchung. Notizen des Vorgesetzten über das Arbeitsverhalten des Mitarbeiters dürfen ebenfalls nicht in der Personalakte aufbewahrt werden. Die Betriebsratsmitgliedschaft einer Arbeitnehmerin bzw. eines Arbeitnehmers darf zwar in der Personalakte vermerkt werden. Hat die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer dagegen lediglich für eine Betriebsratswahl kandidiert, dürfte dies keine Information sein, die in die Personalakte gehört. Generell gilt die Faustformel: Was im Vorstellungsgespräch gefragt werden darf, darf auch in der Personalakte aufgehoben werden.
Fest steht: Das Einsichtsrecht ist für die Beschäftigten außerordentlich wichtig. Sinnvoll ist es vor allem dann, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Arbeitgeber etwas in die Akte gelegt hat, was die Betreffenden kennen sollten. Gleiches gilt bei Schwierigkeiten mit Vorgesetzten, wenn z.B. bereits eine Abmahnung erteilt wurde. Umso bedauerlicher ist es, dass in der betrieblichen Praxis von dem Recht auf Einsichtnahme zu wenig Gebrauch gemacht wird. Das ist umso mehr zu bedauern, als der Gesetzgeber nicht nur das Recht der Einsichtnahme festgelegt hat.
In § 83 Abs. 2 BetrVG wird über das Einsichtsrecht hinaus bestimmt: "Erklärungen des Arbeitnehmers zum Inhalt der Personalakte sind dieser auf sein Verlangen beizufügen." Die/Der einsichtnehmende Beschäftigte ist somit sogar berechtigt, den Inhalt der Personalakte zu ergänzen oder Richtigstellungen beizufügen. Das kann etwa wichtig sein, wenn frühere Zeugnisse oder Qualifikationen nicht oder nur unzureichend wiedergegeben worden sind. Die Stellungnahme der bzw. des Betroffenen ist auch dann in die Personalakte zu übernehmen, wenn der Arbeitgeber sie für unzutreffend hält.
Auch bestimmte, unrichtig wiedergegebene Vorfälle im Betrieb, in die die bzw. der betreffende Beschäftigte verwickelt oder von denen sie bzw. er betroffen war, können nachteilig sein, sofern keine Klarstellung erfolgt. Nur stichwortartig sei hier auf Verwarnungen oder Verweise hingewiesen. Diese können auch in einem späteren Kündigungsschutzprozess eine Rolle spielen. Es ist daher wichtig, dass die bzw. der Betroffene die Dinge aus ihrer bzw. seiner Sicht schildern kann.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat die einzelne Arbeitnehmerin bzw. der einzelne Arbeitnehmer zudem Anspruch auf Rücknahme und Entfernung von unrichtigen Angaben und missbilligenden Äußerungen aus der Personalakte, wenn diese unzutreffende Tatsachenbehauptungen enthalten, die ihn in seiner Rechtsstellung und in seinem beruflichen Fortkommen behindern können (vgl. etwa BAG 27.11.1985, AP Nr. 93 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht).
Ist die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer beispielsweise davon überzeugt, dass eine Abmahnung zu Unrecht erfolgte, weil er sich nichts hat zuschulden kommen lassen, kann er darauf drängen, sie aus der Akte entfernen zu lassen. Ohnehin dürfen Abmahnungen, bei denen es sich nicht um schwere Verstöße handelt, nicht unbegrenzt in der Personalakte aufbewahrt werden. Abmahnungen wegen kleineren Verstößen, wie z.B. Zuspätkommen, dürfen üblicherweise nur einen überschaubaren Zeitraum, der bei rund zwei Jahren liegt, in der Akte verbleiben.
Es bestehen keine ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen über das Verfahren. Es gibt aber grundsätzlich Klarheit darüber, dass die Einsichtnahme während der Arbeitszeit erfolgen und ein Entgeltausfall dadurch nicht eintreten darf (vgl. Fitting, § 83, Rn. 12). Sind die Daten elektronisch gespeichert, besteht ein Anspruch auf einen Ausdruck der Daten in einer entschlüsselten und verständlichen Form. Einzelheiten der Einsichtnahme, wie etwa die Häufigkeit, die Voranmeldung und der betriebliche Ort, an dem Einblick genommen werden kann, unterliegen der Mitbestimmung des Betriebsrats. Es handelt sich um Fragen der Ordnung des Betriebs nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.
Die/Der Beschäftigte, die/der Einsicht nehmen will, kann zu ihrer/seiner Unterstützung ein Betriebsratsmitglied ihrer/seiner Wahl hinzuziehen. Dieses Betriebsratsmitglied kann in demselben Umfang Einblick nehmen, wie die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer selbst. Schwerbehinderte Arbeitnehmer/-innen sind berechtigt, die Schwerbehindertenvertretung hinzuzuziehen (§ 178 Abs. 3 SGB IX). Das hinzugezogene Betriebsratsmitglied hat über den Inhalt der Personalakte Stillschweigen zu bewahren; Entsprechendes gilt für die Schwerbehindertenvertretung. Die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass sie bzw. er von einem Anwalt begleitet wird, wenn ihr bzw. ihm die Gelegenheit gegeben wird, Kopien zu erstellen (BAG vom 12.7.2016 – 9 AZR 791/14 – siehe unsere Urteilsbesprechung).
In § 32 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz) wird festgelegt, inwieweit die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses zulässig ist. Als Grundsatz gilt, dass die personenbezogenen Daten für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich sein müssen.
Zu beachten ist dabei natürlich auch, dass es zahlreiche gesetzliche Auskunfts- und Meldepflichten des Arbeitgebers gibt, so etwa gegenüber Gewerbeaufsicht, Berufsgenossenschaft, Bundesagentur für Arbeit und Finanzamt.
Durch Tarifvertrag und durch Betriebsvereinbarung kann das Bundesdatenschutzgesetz konkretisiert werden. Von erheblicher praktischer Bedeutung könnten etwa Regelungen sein, dass bestimmte Arbeitnehmerdaten nur für einen genau festgelegten Zweck oder nur anonymisiert verwendet werden dürfen, oder dass Daten nach einer bestimmten Zeit zu löschen sind.
Der Arbeitgeber hat die technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen, die zum Schutz der automatisch verarbeiteten Arbeitnehmerdaten erforderlich sind. Das gilt beispielsweise für die erforderliche Zugangskontrolle (kein Zutritt von Unbefugten zu Datenverarbeitungsanlagen), die Zugriffskontrolle (keine unbefugte Veränderung oder Entfernung von Daten bei der Speicherung oder während ihres Transportes) und den Grundsatz der getrennten Verarbeitung (zu unterschiedlichen Zwecken erhobene Daten sind entsprechend getrennt zu verarbeiten).
Auch im Rahmen des Bundesdatenschutzgesetzes haben die Arbeitnehmer einen Berichtigungsanspruch (§ 35 Abs. 1 BDSG). So könnten Fehlzeiten eines Arbeitnehmers unzutreffend aufgelistet worden sein. Bei einer unzulässigen Speicherung besteht ein Anspruch auf Löschung (vgl. § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDSG).
Redaktioneller Stand: Januar 2018
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