Wissen für BR, PR, JAV, MAV + SBV

Urlaubsrecht

Urlaub ist eigentlich die schönste Zeit im Jahr. Was ist aber, wenn man im Urlaub krank wird oder der Chef den bereits genehmigten Urlaub verschieben will? Und überhaupt: Wo sind die Rechtsansprüche über den Urlaub gesetzlich geregelt?

Der Mindeststandard für Urlaub findet sich im Bundesurlaubsgesetz. Danach beträgt der Mindesturlaub 24 Werktage bei einer 6-Tage-Woche (§ 3 Abs. 1 BUrlG). Als Werktage gelten die Tage von Montag bis Samstag. Wird nur an fünf oder weniger Tagen in der Woche gearbeitet, ist der Urlaubsanspruch entsprechend umzurechnen (24 geteilt durch sechs Werktage multipliziert mit der Anzahl der Arbeitstage pro Woche). So besteht bei einer 5-Tage-Woche ein Mindestanspruch von 20 Tagen (24 : 6 = 4; 4 x 5 = 20), bei einer 4-Tage-Woche ein Anspruch von 16 Urlaubstagen und so weiter.

In vielen Arbeitsverträgen und Tarifverträge finden sich Regelungen, die über den gesetzlichen Mindestanspruch hinausgehen. Neben den Tarifbestimmungen, in denen Fragen wie Urlaubsdauer, Urlaubsgeld oder Teilung des Urlaubs geregelt sind, enthalten oftmals auch Betriebsvereinbarungen organisatorische Regelungen über Betriebsurlaubszeiten, Urlaubspläne oder Einzelheiten zur Urlaubsvertretung. Beschäftigte können sich über bestehende Sonderregelungen in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen bei ihrem Betriebs- bzw. Personalrat oder ihrer Gewerkschaft informieren und diese einsehen.

Schwerbehinderte und jugendliche Beschäftigte haben einen höheren Mindesturlaubsanspruch. So haben Jugendliche unter 16 Jahren nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz einen Mindestanspruch auf 30 Werktage Urlaub, unter 17 Jahren sind es mindestens 27 Werktage und unter 18 Jahren 25 Werktage im Jahr (§ 19 JArbSchG). Schwerbehinderte Beschäftigte mit einem Behinderungsgrad von mindestens 50 Prozent haben Anspruch auf Zusatzurlaub von fünf Arbeitstagen bei einer 5-Tage-Woche (§ 208 Abs. 1 SGB IX).

Mit Blick auf die unterschiedlichen Urlaubswünsche ist es in der Praxis sinnvoll, zumindest den Haupturlaub zu Beginn des Jahres bereits zu planen. Viele Firmen fordern die Beschäftigten daher zu Jahresbeginn auf, ihre Urlaubsanträge zu stellen oder ihre Wünsche in Urlaubslisten einzutragen. Erklärt eine beschäftigte Person trotz derartiger Praxis im Betrieb ihre Urlaubswünsche nicht, kann der Arbeitgeber den Urlaubszeitraum für diese Person bestimmen. Die ohne einen geäußerten Wunsch des Arbeitnehmers erfolgte zeitliche Festlegung des Urlaubs durch den Arbeitgeber ist zwar grundsätzlich rechtswirksam, die betroffene Person hat aber immer noch die Möglichkeit, mit dem Arbeitgeber einen anderen Urlaubszeitraum zu vereinbaren.

Grundsätzlich gilt, dass der Arbeitgeber dem Urlaubswunsch der*s Beschäftigten nachzukommen hat, sofern nicht wesentliche betriebliche Erfordernisse dem entgegenstehen (§ 7 Abs. 1 BUrlG). In der Praxis ist das aber schon deswegen häufig schwer durchzusetzen, weil die anderen Beschäftigten auch Urlaubswünsche haben. Daher muss, vor allem in größeren Betrieben, immer zwischen den Urlaubswünschen aller Beschäftigten abgewogen werden.

Der Gesetzgeber hat versucht, dieses Problem dadurch in den Griff zu bekommen, dass in Betrieben, in denen ein Betriebs- bzw. Personalrat existiert, dieser ein Mitbestimmungsrecht bei den Urlaubsgrundsätzen und der Aufstellung des Urlaubsplans hat (§ 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG bzw. § 75 Abs. 3 Nr. 3 BPersVG). Ansonsten muss eine Einigung erfolgen, bei der auch soziale Kriterien (z.B. schulpflichtige Kinder) zu berücksichtigen sind.

Steht die konkrete Urlaubsplanung im Betrieb einmal fest, sind alle Beteiligten, also auch der Arbeitgeber, grundsätzlich daran gebunden. Es gibt zwar keine gesetzliche Regelung, wonach der gewährte Urlaub schriftlich bestätigt werden muss, in vielen Betrieben ist das aber dennoch üblich. Sofern der geplante Urlaub nicht in betrieblichen Urlaubsplänen dokumentiert sein sollte oder sich aus der Korrespondenz mit den Vorgesetzten oder der Personalabteilung ergibt, solle im Zweifel um eine schriftliche Bestätigung des Urlaubs gebeten werden. Vor der Buchung eines Urlaubs sollten der Zeitpunkt des Urlaubsantritts und die Urlaubsdauer unbedingt geklärt sein.

Erkrankt ein*e Arbeitnehmer*in während des Urlaubs, wird die Zeit der Erkrankung nicht auf den Urlaub angerechnet. Voraussetzung ist ein ärztliches Attest, das die Arbeitsunfähigkeit nachweist.

Die Tage, an denen Beschäftigte während des Urlaubs arbeitsunfähig waren, führen nicht automatisch zu einer Verlängerung des Urlaubs. Besteht die Arbeitsunfähigkeit nicht mehr, müssen sie die Arbeit nach dem Urlaubsende zunächst wieder aufnehmen. Sie können sich natürlich mit dem Arbeitgeber darauf einigen, die wegen Krankheit ausgefallenen Tage an das Urlaubsende anzuhängen. Hier hilft es zu prüfen, ob es Tarifbestimmungen oder Betriebsvereinbarungen gibt, die solche Fälle regeln. Siehe auch unseren Praxistipp „Krank im Urlaub“.

Liegt eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vor dem Urlaubsbeginn, kann der Urlaub nicht angetreten werden. Der Urlaub ist nicht verbraucht, sondern muss dann neu festgelegt werden.

Der Jahresurlaub ist immer im aktuellen Kalenderjahr zu nehmen (§ 7 Abs. 3 BUrlG). Er muss also in dem Jahr, in dem der Urlaubsanspruch entsteht, beantragt und gewährt werden. Als Ausnahme kann der Urlaub auch auf das folgende Jahr übertragen werden. Dann muss der Resturlaub bis Ende März des Folgejahres genommen werden – es sei denn, in einem Tarifvertrag ist zugunsten der Arbeitnehmer*innen etwas anderes vorgesehen.

Diese gesetzliche Regelung hat jedoch durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in den letzten Jahren Einschränkungen erfahren.

Nach der sogenannten „Schultz-Hoff“-Entscheidung des EuGH vom 20.01.2009 verfiel der Urlaubsanspruch nicht, wenn Arbeitnehmer*innen vor und über den Ablauf des Übertragungszeitraums hinaus durchgehend krankgeschrieben waren. Das hätte jedoch zur Folge gehabt, dass sich bei Langzeiterkrankten möglicherweise über Jahre Urlaubsansprüche hätten ansammeln können. Daher hat der EuGH im Jahr 2011 entschieden, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch bei einer ununterbrochenen Arbeitsunfähigkeit spätestens 15 Monate nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres verfällt (EuGH vom 22.11.2011 – C-214/10).

Im Jahr 2018 hat der EuGH geurteilt, dass der Urlaubanspruch unabhängig von einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit nicht automatisch am Ende des Bezugszeitraums (31.12.) oder des Übertragungszeitraums (31.03.) verfällt, wenn Arbeitnehmer*innen den Urlaub nicht beantragt haben (EuGH vom 6.11.2018 – C-684/16). Vielmehr müssen Arbeitgeber dafür sorgen, dass Arbeitnehmer*innen in der Lage sind, ihren bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Ein Arbeitgeber muss die betreffende Person erforderlichenfalls frühzeitig auffordern, dies zu tun, damit der Urlaub noch der Erholung und Entspannung dienen kann. Insbesondere muss er klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub ansonsten mit Ablauf des Bezugszeitraums oder des zulässigen Übertragungszeitraums verfällt. Der Arbeitgeber ist hierfür beweispflichtig.

Dieser Entscheidung ist auch das BAG gefolgt. Es hat im Urteil vom 19.02.2019 (9 AzR 321/16) darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber durch entsprechende Aufforderungen und Hinweise dafür sorgen muss, dass die Mitarbeitenden ihren Urlaub im Urlaubsjahr auch nehmen. Andernfalls können sich Urlaubsansprüche über Jahre ansammeln.

Am 07.07.2020 hat das BAG festgestellt, dass die 15-Monatsfrist (EuGH vom 22.11.2011 – C-214/10) bei dauerhaft erkrankten Personen dann nicht gilt, wenn diese erst im Laufe eines Jahres erkranken, der Arbeitgeber vor Eintritt der Erkrankung seinen Hinweispflichten nicht nachgekommen ist und die betreffende Person ihren Urlaub vor Eintritt der Erkrankung hätte nehmen können.

Im Jahr 2022 haben der EuGH (Urteil vom 22.09.2022 – C-518/20 und C-727/20) und darauf basierend das BAG (Urteil vom 20.12.2022) entschieden, dass angesammelte Urlaubsansprüche auch nicht innerhalb von drei Jahren nach Ablauf des Urlaubsjahres verjähren, wenn der Arbeitgeber nicht den o.g. Hinweispflichten nachgekommen ist.

Aufgrund dieser schwierigen und komplexen Rechtsprechung zum Verfall von Urlaubsansprüchen, sollten sich Betroffene im Zweifel rechtlichen Rat einholen.

Inwieweit § 7 BUrlG an die neue Rechtsprechung des EuGH und des BAG angepasst wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls ist damit zu rechnen, dass Arbeitgeber in Zukunft verstärkt darauf achten werden, dass der Urlaub im laufenden Jahr auch tatsächlich genommen wird.

Gesetzliche Feiertage, die in den Urlaubszeitraum fallen, werden nicht auf den Urlaubsanspruch angerechnet. Feiertage sind allerdings regional unterschiedlich definiert. Maßgebend ist der Ort der Tätigkeit und damit in der Regel der Sitz des Betriebs, in dem man arbeitet.

Es kommt in der Praxis oft vor, dass Arbeitgeber einen bereits genehmigten Urlaub widerrufen oder verlegen wollen, etwa wegen eines plötzlich erhöhten Arbeitsaufkommens oder weil ein unerwarteter Personalausfall eingetreten ist.

Wenn der Urlaub bereits genehmigt ist oder sich aus dem zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat festgelegten Urlaubsplan ergibt, brauchen sich Beschäftigte auf eine solche Urlaubsverschiebung nicht einzulassen. Die einmal feststehende Urlaubsgewährung kann nicht einseitig widerrufen werden (BAG vom 29.01.1960 – AP Nr. 12 zu § 123 GewO). Die Treuepflicht von Beschäftigten kann jedoch zu einer Änderung des Urlaubs führen. Das setzt aber eine Notfallsituation wie unvorhergesehene und unabwendbare Umstände voraus, die die Anwesenheit der Arbeitnehmer*innen zwingend erfordert.

Daher ist es für alle Beteiligten sinnvoll, eine Einigung zu finden. Dabei sind die persönlichen und familiären Aspekte zu berücksichtigen, ebenso die entstandenen Kosten wie bereits bezahlte Reisen. Die geleisteten oder noch fälligen Zahlungen muss der Arbeitgeber übernehmen.

Im gegenseitigen Einvernehmen ist eine Verschiebung immer möglich. Das gilt auch, wenn Beschäftigte ihren Urlaub ändern wollen.

Ein Recht des Arbeitgebers, bereits im Urlaub befindliche Beschäftigte zurückzurufen, besteht prinzipiell nicht. Das gilt unabhängig davon, ob sich Beschäftigte auf einer Urlaubsreise befinden (BAG vom 20.06.2000 – 9 AZR 404 und 405/99). Ein Rückrufrecht besteht selbst dann nicht, wenn sich Arbeitnehmer*innen verpflichtet haben, unter bestimmten Voraussetzungen den Urlaub abzubrechen. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ist eine solche Vereinbarung unwirksam (§ 13 Abs. 1 BUrlG, BAG vom 20.06.2000). Zu dieser Rechtsprechung gibt es lediglich unterschiedliche Auffassungen darüber, ob ein Rückrufrecht bei einer schwerwiegenden betrieblichen Notlage bestehen kann.

Nein, in keinem Fall. Niemand muss in seinem Erholungsurlaub für den Chef erreichbar sein.

In einem solchen Fall müssen Arbeitnehmer*innen den Arbeitgeber unverzüglich darüber informieren und das Fehlen entschuldigen.

Wenn der Arbeitgeber kein Entgegenkommen zeigt, belasten unfreiwillig entstandene Mehrurlaubstage das künftige Urlaubszeitkonto der betroffenen Person. Gleiches gilt, wenn Naturereignisse zwingen, länger als geplant am Urlaubsort zu bleiben. Ist der Jahresurlaub aufgebraucht, müssen Arbeitnehmer*innen für die Verlängerungstage notfalls unbezahlten Sonderurlaub nehmen.

Beschäftigte haben Anspruch auf Erholungsurlaub in Freizeit, um sich zu regenerieren. Dieser Anspruch kann weder durch den Arbeits- noch durch den Tarifvertrag ausgeschlossen werden. Eine Abgeltung mit Geld während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ist nicht möglich, da es dem Erholungsgedanken entgegenstehen würde. Daher ist auch keine Abtretung des Urlaubsanspruchs möglich.

Stirbt ein*e Arbeitnehmer*in kurz nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, ist ein bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits entstandener Abgeltungsanspruch vererbbar (EuGH vom 12.06.2014 – C-118/13 und BAG vom 22.09.2015 – 9 AZR 170/14).

Der Europäische Gerichtshof (EuGH vom 06.11.2018 – C-569/16 und C-570/16) und das Bundesarbeitsgericht (BAG vom 22.01.2019 – 9 AZR 45/16) haben entschieden, dass entstandene Urlaubsansprüche auch dann vererbbar sind, wenn Arbeitnehmer*innen während des laufenden Arbeitsverhältnisses sterben. Die zu diesem Zeitpunkt noch nicht genommenen Urlaubstage wandeln sich dann in einen Abgeltungsanspruch um. Die Erben können diesen Anspruch gegen den Arbeitgeber geltend machen.

Weiteres in unserem Praxistipp „Urlaubsabgeltung“

Der Arbeitgeber kann auch während des Urlaubs kündigen. Mit dem Einwurf in den Briefkasten gilt die Kündigung als zugegangen. Auch bei urlaubsbedingter Abwesenheit ist die gesetzliche Frist von drei Wochen zwischen Kündigung und Klageerhebung grundsätzlich einzuhalten. Wenn ein*e Arbeitnehmer*in vor Urlaubsantritt nicht mit einer Kündigung zu rechnen braucht, ist eine Kündigungsschutzklage unter bestimmten Voraussetzungen auch nachträglich zuzulassen (§ 5 KSchG). Denn gewöhnlich trifft man für einen solchen Fall während des Urlaubs keine Vorkehrungen. Die Klagemöglichkeit bleibt in der Regel erhalten, die Kündigungsfrist des Arbeitsverhältnisses verlängert sich aber nicht. Sicherheitshalber sollte aber während einer längeren Abwesenheit dafür gesorgt werden, dass sich jemand um die eintreffende Post kümmert.

Einen gesetzlichen Anspruch auf Urlaubsgeld gibt es nicht. Oftmals finden sich aber Regelungen in Arbeits- und Tarifverträgen. Wird über einen Zeitraum von drei Jahren vorbehaltlos ein Urlaubgeld oder sonstige Sonderzahlungen geleistet, kann sich ein Anspruch unter Umständen auch aus den Grundsätzen der sogenannten „betrieblichen Übung“ ergeben.

Redaktioneller Stand: Mai 2023

 

© ver.di Bildung + Beratung Gem. GmbH

nach oben