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Rückzahlung von Fortbildungskosten

Ständige Veränderungen in Betrieben und Verwaltungen verlangen eine permanente berufliche Weiterbildung. Der Arbeitgeber möchte die Aus- und Fortbildungskosten in der Regel jedoch nur für jene Arbeitnehmer/-innen tragen, die sich für eine bestimmte Zeit an das Unternehmen binden und diesem so das erworbene Wissen zur Verfügung stellen. Endet das Vertragsverhältnis vor Ablauf der vereinbarten Bindungsfrist, stellt sich die Frage, ob Beschäftigte Fortbildungskosten zurückzahlen müssen.

Bei einer Rückzahlungsvereinbarung handelt es sich um eine vertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Beschäftigtem, die meist im Arbeitsvertrag getroffen wurde. Nicht jede Regelung ist jedoch automatisch wirksam. Grundsätzlich handelt es sich bei einer Rückzahlungsvereinbarung um eine allgemeine Geschäftsbedingung, die einer Überprüfung  nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch standhalten muss (§§ 307 f. BGB).

Die Klausel ist unwirksam, wenn sie Arbeitnehmer/-innen „unangemessen benachteiligt“. Bei der Beurteilung sind die wechselseitigen Interessen der Vertragspartner zu berücksichtigen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt eine unangemessene Benachteiligung vor, wenn:

  • die Beschäftigten durch die Maßnahme keine oder nur geringfügige Vorteile erlangen
  • die Vorteile der Ausbildung und die vereinbarte Bindungsfrist in keinem Verhältnis zueinander stehen oder
  • eine Rückzahlungsverpflichtung auch entstehen soll, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber ausgeht (BAG vom 19.01.2011 – 3 AZR 621/08).

Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Rückzahlungsklausel ist es zunächst, dass Arbeitnehmer/-innen einen „geldwerten Vorteil“ durch die Maßnahme erlangt haben. Dies ist der Fall, wenn sie durch die Teilnahme die Voraussetzungen einer höheren Vergütung erfüllen oder die erworbenen Kenntnisse auch außerhalb des Unternehmens zur anderweitigen Bewerbung nutzen können (BAG vom 19.01.2011 – 3 AZR 621/08).

Aus- und Fortbildungen, die lediglich innerbetrieblich nutzbare Kenntnisse vermitteln, begründen daher keine Rückzahlungsverpflichtung.

Dem Interesse des Unternehmens, die von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erworbenen Kenntnisse zu nutzen, steht deren Interesse an einer Verbesserung ihrer Arbeitsmarktchancen und der freien Wahl des Arbeitsplatzes entgegen. Diesen Interessenkonflikt löst eine Rückzahlungsvereinbarung, indem sie eine gewisse Bindung an das Unternehmen als Gegenleistung für die Ermöglichung der Aus- oder Fortbildung festschreibt.

Die Bindungsdauer muss in einem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen der Ausbildung stehen, wobei die Dauer und die erworbene Qualifikation berücksichtigt werden müssen. 

Dazu hat das Bundesarbeitsgericht folgende Grundsätze aufgestellt: Als zulässig gelten im Allgemeinen bei einer Fortbildungsdauer von:

  • einem Monat eine Bindungsdauer von bis zu sechs Monaten
  • bis zu zwei Monaten eine Bindungsdauer von einem Jahr
  • drei bis vier Monaten eine Bindungsdauer von zwei Jahren
  • sechs Monaten bis zu einem Jahr eine Bindungsdauer von bis zu drei Jahren
  • mehr als zwei Jahren eine Bindungsdauer von bis zu fünf Jahren.

Das Bundesarbeitsgericht legte dar, dass die Fristen auch bei zeitlich gestreckter Weiterbildung in mehreren Blöcken gelten.

Bei den Fristen handelt es sich um Richtwerte, sodass im zu prüfenden Einzelfall Abweichungen möglich sind.

Eine pauschale Verknüpfung einer Rückzahlungsvereinbarung an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist unzulässig. Unzureichend ist auch, lediglich zwischen der Kündigung durch den Arbeitgeber und der Kündigung durch die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer zu unterscheiden. Vielmehr ist wichtig, wer die Kündigung zu vertreten hat, sprich in wessen Verantwortungsbereich sie fällt (BAG vom 28.5.2013 – 3 AZR 103/12).

Eine Rückzahlungsvereinbarung ist nur wirksam, sofern die Rückzahlung an eine Kündigung anknüpft, die Beschäftigte zu vertreten haben. Der Schwerpunkt liegt hier auf dem „Vertreten müssen“, nicht auf der Kündigung. Es kommt also nicht darauf an, wer gekündigt hat, sondern wer für die Kündigung verantwortlich ist. Damit sind auch die Fälle erfasst, in denen zwar der Arbeitgeber die Kündigung ausspricht, die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer diese aber durch zum Beispiel vertragswidriges Verhalten (mit-)verursacht hat.

Umgekehrt besteht trotz Arbeitnehmerkündigung keine Rückzahlungsverpflichtung, wenn der Arbeitgeber die Kündigung zu verantworten hat, etwa bei Mobbing.

Redaktioneller Stand: April 2019

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