Wer einen Hinweis auf einen wesentlichen Verstoß gibt, soll auf den Schutz des HinSchG vertrauen können. Einen Verstoß im Sinne des HinSchG begeht jemand, der im Rahmen einer beruflichen, unternehmerischen oder dienstlichen Tätigkeit etwas unternimmt oder unterlässt,
- was nach deutschen oder europäischen Vorschriften rechtswidrig ist und
- Vorschriften oder Rechtsgebiete betrifft, die in den sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes fallen.
Das sind alle Verstöße, für die unsere Gesetze Strafen vorsehen. Soweit es um Verstöße geht, die mit einem Bußgeld versehen sind, sind sie nur dann relevant, wenn die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient.
Die Regelung ist indessen weit zu verstehen. Es geht nicht nur um solche, die unmittelbar diesem Zweck dienen. Erfasst sind auch arbeitsschutzrechtliche Mitteilungs-, Erlaubnis-, Prüfungs-, Bestellungs-, Belehrungs-, Dokumentations- und Anzeigepflichten, denn sie dienen ebenfalls auch der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten.
In der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich das Mindestlohngesetzes (MiLoG) erwähnt. Verstöße gegen die Pflicht zur Zahlung des Mindestlohns nach § 20 MiLoG sind Verstöße im Sinne des HinSchG. Dasselbe gilt, wenn der Arbeitgeber gegen die Dokumentationspflichten nach § 17 MiLoG, Duldungs- und Mitwirkungspflichten nach § 15 MiLoG oder Meldepflichten nach § 16 MiLoG verstößt.
Auch Ordnungswidrigkeiten nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) sind Verstöße, die Beschäftigte melden können. Das gleiche gilt für Ordnungswidrigkeiten im Sinne von § 121 BetrVG, wenn der Arbeitgeber Aufklärungs- oder Auskunftspflichten nicht, wahrheitswidrig, unvollständig oder verspätet erfüllt.
Erfasst sind zudem Verstöße gegen Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder sowie unmittelbar geltende Rechtsakte der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft in einer Reihe von Rechtsgebieten, die in § 2 HinSchG beschrieben sind. Es geht z.B. um Rechtsvorschriften und Rechtsakte
- zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung,
- mit Vorgaben zur Produktsicherheit und -konformität,
- mit Vorgaben zur Sicherheit im Straßenverkehr,
- mit Vorgaben zur Gewährleistung der Eisenbahnbetriebssicherheit,
- zur Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit oder
- zur ökologischen Produktion und zur Kennzeichnung von ökologischen Erzeugnissen.
Das sind aber nur einige Beispiele. Die Bundesregierung hat im Gesetzesentwurf diese Vorschrift damit begründet, dass damit auch missbräuchliche Praktiken im Sinne der EuGH-Rechtsprechung vom Anwendungsbereich umfasst sind, die zwar formal nicht als rechtswidrig erscheinen, die jedoch mit dem Ziel oder Zweck der einschlägigen Rechtsvorschriften unvereinbar sind.
Das kann etwa der Fall sein, wenn Arbeitgeber Schutzvorschriften durch „Schummeleien“ umgehen: die Pflicht, den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen, durch unbezahlte Überstunden oder Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz durch angeordnete Arbeitsbereitschaft.
Geschützt sein soll auch, wer verfassungsfeindliche Äußerungen von Beamt*innen meldet. Das soll auch für Äußerungen gelten, die nicht strafbar sind.
Kein Verstoß im Sinne des HinSchG liegt vor, wenn er nicht im beruflichen Umfeld erfolgt.
Wer sich nicht sicher ist, ob ein Verstoß im Sinne des HinSchG vorliegt, sollte beim Betriebs- oder Personalrat oder der Gewerkschaft Rat suchen. Darüber hinaus bieten externe Meldestellen umfassende und unabhängige Informationen an und beraten über bestehende Abhilfemöglichkeiten und Verfahren für den Schutz vor Repressalien. Dabei informieren sie insbesondere auch über die Möglichkeit einer internen Meldung.