Urteile
Getrennte Wahlurnen bei Gruppenwahl?
Orientierungssätze
Wenn entgegen der Vorschrift des § 16 Abs. 1 Satz 5 WO LPVG NW (heute: § 15 Abs. 1 Satz 10 WO LPVG NW) keine getrennten Wahlurnen verwendet wurden, stellt das einen Verstoß gegen eine Vorschrift über das Wahlverfahren dar. Ob es sich dabei um eine wesentliche Wahlvorschrift im Sinne von § 22 Abs. 1 LPVG NW handelt, kann jedoch unentschieden bleiben, weil im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr dadurch ausgeschaltet wurde, dass verschiedenfarbige Wahlscheine verwendet wurden und somit kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass durch die unterbliebene Verwendung getrennter Wahlurnen eine Änderung oder Beeinflussung des Wahlergebnisses hätte herbeigeführt werden können.
Gericht
Bundesverwaltungsgericht vom 23.09.1966Aktenzeichen
VII P 14.65Rechtsgrundlage
§ 16 Abs. 1 Satz 5 BPersVWO
Der Kommentar
Findet die Personalratswahl als Gruppenwahl und nicht als gemeinsame Wahl statt, ist sie getrennt nach Gruppen durchzuführen. Im Extremfall kann das bedeuten, dass in verschiedenen Wahllokalen und an unterschiedlichen Tagen gewählt wird. In den Zeiten vor dem TVöD/TV-L mag das in einzelnen Bereichen vielleicht sogar praktisch gewesen sein - spätestens nach der Vereinheitlichung des Arbeitnehmerbegriffs kommt wohl niemand mehr auf solche Gedanken. Die Wahlen werden am gleichen Tag in den gleichen Wahllokalen durchgeführt.
Gleichwohl enthalten die meisten Wahlordnungen (s.u.) die Bestimmung, dass, wenn die (formal getrennte) Gruppenwahl in einem Wahllokal durchgeführt wird, getrennte Wahlurnen für jeweils die Arbeitnehmer/-innen und die Beamtinnen/Beamten zur Verfügung stehen müssen. Das ist aber unpraktisch, besonders bei "fliegenden Wahllokalen", und teuer (eine ordnungsgemäße Wahlurne kostet im Fachhandel aktuell ca. 70,- Euro). Wenn die Stimmzettel und ggf. Umschläge farblich unterschiedlich sind, bereitet es keine Probleme, sie nach dem Entleeren der Urne rasch und zuverlässig nach Gruppen zu trennen.
Dennoch bedeutet das einen Verstoß gegen die Wahlordnung - der jedoch nach der Entscheidung des BVerwG allein nicht zur erfolgreichen Wahlanfechtung führen kann. Eine vergleichbare Entscheidung hat das OVG NRW getroffen: OVG NRW 06.09.1989, - CL 55/88 -, PersV 1993, 31.
Ein Verstoß gegen die Vorschriften über das Wahlverfahren ist auch insoweit festzustellen, als entgegen der Regelung des § 15 Abs. 12 Satz 5 WO LPVG NW keine für die jeweilige Gruppe getrennten Wahlurnen verwendet worden sind. Da jedoch für sämtliche Gruppen verschiedenfarbige Stimmzettel ausgegeben worden sind, kann ausgeschlossen werden, dass sich hieraus infolge von Verwechslungen Auswirkungen auf das Wahlergebnis ergeben hätten.
Unter Beachtung der in den beiden Entscheidungen genannten Voraussetzungen, nämlich der Verwendung deutlich farblich unterschiedlicher Stimmzettel spricht also praktisch nichts gegen die Verwendung einer gemeinsamen Urne.
Die Vorschrift ist in den folgenden Wahlordnungen zu finden:
- Bund: §16 Abs. 1 Satz 5 BPersVWO
- Baden-Württemberg: § 21 Abs. 1 WO LPVG BaWü
- Berlin: § 15 Abs. 1 WO PersVG Berlin
- Brandenburg: § 17 Abs. 1 WO PersVG Bbg
- Bremen: § 16 Abs. 2 WO BremPersVG
- Hamburg: § 15 Abs. 1 WO HmbPersVG
- Hessen: § 16 Abs. 1 WO HPVG
- Mecklenburg-Vorpommern: § 18 Abs. 1 PersVG M-V
- Niedersachsen: § 18 Abs. 1 WO NPersVG
- Nordrhein-Westfalen: § 15 Abs. 1 WO LPVG NW
- Rheinland-Pfalz: § 16 Abs. 2 WO LPersVG RLP
- Saarland: § 16 Abs. 1 WO SPersVG
- Sachsen: § 16 Abs. 4 WO SächsPersVG: " Findet Gruppenwahl statt, so ist die Stimmabgabe nach Gruppen getrennt durchzuführen."
- Sachsen-Anhalt: § 16 WO PersVG LSA - offen gelassen
- Schleswig-Holstein: § 18 Abs. 1 WO MBG Schl.-H
- Thüringen: § 16 Abs. 1 WO ThürPersVG: " Findet Gruppenwahl statt, so ist die Stimmabgabe nach Gruppen getrennt durchzuführen."
In Sachsen und Thüringen könnte der Wortlaut auch die Verwendung einer gemeinsamen Urne zulassen - die Stimmabgabe findet getrennt statt, wenn die Stimmzettel farblich unterschiedlich sind.
Nur die Bayern (§ 16 Abs. 1 Satz 5 WO BayPVG) sehen ausdrücklich die Verwendung nur einer Urne vor, wenn die Stimmzettel unterschiedlich gestaltet sind: "Findet Gruppenwahl statt, so kann die Stimmabgabe nach Gruppen getrennt durchgeführt werden; bei gemeinsamer Durchführung kann auf die Verwendung getrennter Wahlurnen verzichtet werden, wenn auf Grund der Beschaffenheit der Stimmzettel (§ 14 Abs. 2 Satz 2) keine Verwechslungsgefahr besteht."
© ver.di Bildung + Beratung Gem. GmbH