Beschluss
Schulungsteilnahme in Corona-Zeiten per einstweiliger Verfügung durchgesetzt
Verwaltungsgericht Karlsruhe, Beschluss vom 16.10.2020, PL 15K 4216/20
Die Teilnahme eines Personalratsvorsitzenden an einem Seminar im ver.di-Bildungszentrum Mosbach Ende Oktober wurde per einstweiliger Verfügung ermöglicht.
Der Beschluss
Der Personalrat einer Hochschule in Mannheim wollte seinen Vorsitzenden per ordnungsgemäßem Beschluss zu einem Seminar mit dem Thema „Zielgerichtet und wertschätzend kommunizieren“ entsenden, welches vom 19. bis zum 23. Oktober stattfinden sollte. Die Dienststelle verweigerte die Freistellung zur Seminarteilnahme unter anderem mit der Begründung, das Seminar sei nicht erforderlich und halte die Maßgaben des Gesundheitsschutzes im Rahmen der Corona-Verordnung (vom 23.06.2020 in der ab 12.10.2020 gültigen Fassung) nicht ein.
Dagegen stellte der Personalrat einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, um die Seminarfreistellung zu erreichen. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat diesem Antrag entsprochen, da der Antragsteller den für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderlichen Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund glaubhaft gemacht hat.
Das Gericht war insbesondere der Meinung, dass die Teilnahme des Personalratsvorsitzenden an dem Seminar im Sinne des § 44 Abs. 1 S. 1 LPVG objektiv und subjektiv erforderlich war. Es sah aufgrund des detaillierten Hygienekonzepts des ver.di- Bildungszentrums in Mosbach sämtliche Anforderungen der geltenden Corona-Schutzverordnung erfüllt. Es betonte insbesondere, dass im ver.di-Bildungszentrum eine weitgehende Verpflichtung zur Nutzung einer Mund-Nasen-Bedeckung, ein Wegekonzept (mit eingezeichneten Laufwegen und Abstandsmarkierungen) sowie eine Tischordnung in den Seminarräumen bestehe, sodass das Abstandsgebot problemlos eingehalten werden könne. Darüber hinaus würden die Mahlzeiten versetzt eingenommen, die Esstische seien mit einem Schutz und ebenfalls mit einer Tischordnung versehen. Darüber hinaus würden die öffentlichen Bereiche ausreichend häufig desinfiziert und die Räume regelmäßig gelüftet. Insoweit ging das Gericht nicht davon aus, dass der Personalratsvorsitzende einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt werde, zumal sich der Tagungsort in einem Gebiet mit einer Inzidenz von 36,2 Fällen innerhalb der letzten sieben Tage pro 100.000 Einwohner befände und damit nicht zum Risikogebiet gehöre.
Die Entscheidung im Wege der einstweiligen Verfügung war dringlich, da das Seminar bereits vier Tage später beginnen sollte. Daher war der Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes gerechtfertigt.
Der Kommentar
Das Verwaltungsgericht hat richtigerweise entschieden, dass der Personalratsvorsitzende zur Teilnahme am Seminar freizustellen ist. Das war nur im Wege einer einstweiligen Verfügung möglich, da bei Durchführung eines normalen Verfahrens eine Schulungsteilnahme faktisch nicht mehr realisierbar gewesen wäre. Das Gericht hat hier das Interesse an der Teilnahme höher bewertet als die Gründe, welche die Dienststelle zur Verweigerung der Freistellung bewogen haben. Insbesondere hat das Gericht klargestellt, dass das Hygienekonzept im ver.di-Bildungszentrum Mosbach vollumfänglich den Anforderungen der Corona-Schutzverordnung in Baden-Württemberg entspricht.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe ist zwar nur eine vorläufige Entscheidung in einem Einzelfall. Allerdings kann daraus abgeleitet werden, dass bei ausreichenden Hygieneschutzmaßnahmen im Sinne der jeweils geltenden Corona-Schutzverordnung eine Seminarteilnahme nicht verweigert werden darf. Personal- bzw. Betriebsräte sollten bei Problemen im Zusammenhang mit der Seminarteilnahme ein Eilverfahren in Erwägung ziehen und sich entsprechend beraten lassen.
Zusammengestellt und kommentiert von Ass. jur. N. Nießen, Düsseldorf, 22.10.2020