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Betriebsratswahl

Die Einleitung der Wahl

In dieser Phase muss der Wahlvorstand die Wählendenliste erstellen, die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder festlegen und die Mindestsitze für das "Minderheitsgeschlecht" (Frauen oder Männer) im zukünftigen Betriebsrat berechnen. Das Wahlausschreiben schließt diesen Abschnitt der Vorbereitung ab.

Die Wählendenliste
Der Wahlvorstand muss feststellen, wer wahlberechtigt ist und eine Wählendenliste erstellen. Alle Arbeitnehmer*innen, die am Wahltag das 16. Lebensjahr vollendet haben, sind wahlberechtigt. Die Unterlagen für die Wählendenliste muss der Arbeitgeber bereitstellen. Die Wählendenliste und die Wahlordnung muss der Wahlvorstand im Betrieb zur Einsichtnahme auslegen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist auch eine Bekanntgabe ausschließlich in elektronischer Form möglich. Einsprüche gegen die Wählendenliste müssen innerhalb von zwei Wochen schriftlich beim Wahlvorstand eingereicht werden. Mögliche Einsprüche können von allen Beschäftigten kommen, z.B. von denen, die sich nicht auf der Liste wiederfinden, von vermeintlichen "leitenden" Angestellten und natürlich vom Arbeitgeber.

Die Anzahl der Betriebsratsmitglieder
Wie viele Betriebsratsmitglieder gewählt werden, ist abhängig von der Anzahl der Arbeitnehmer*innen, die regelmäßig im Betrieb beschäftigt sind. Die Anzahl der Betriebsratsmitglieder pro Betrieb ergibt sich aus § 9 des Betriebsverfassungsgesetzes.

Der Betriebsrat besteht in Betrieben mit in der Regel

5 bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmer*innen aus einer Person,
21 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmer*innen aus 3 Mitgliedern,
51 bis 100 Arbeitnehmer*innen aus 5 Mitgliedern,
101 bis 200 Arbeitnehmer*innen aus 7 Mitgliedern,
201 bis 400 Arbeitnehmer*innen aus 9 Mitgliedern,
401 bis 700 Arbeitnehmer*innen aus 11 Mitgliedern,
701 bis 1.000 Arbeitnehmer*innen aus 13 Mitgliedern,
1.001 bis 1.500 Arbeitnehmer*innen aus 15 Mitgliedern,
1.501 bis 2.000 Arbeitnehmer*innen aus 17 Mitgliedern,
2.001 bis 2.500 Arbeitnehmer*innen aus 19 Mitgliedern,
2.501 bis 3.000 Arbeitnehmer*innen aus 21 Mitgliedern,
3.001 bis 3.500 Arbeitnehmer*innen aus 23 Mitgliedern,
3.501 bis 4.000 Arbeitnehmer*innen aus 25 Mitgliedern,
4.001 bis 4.500 Arbeitnehmer*innen aus 27 Mitgliedern,
4.501 bis 5.000 Arbeitnehmer*innen aus 29 Mitgliedern,
5.001 bis 6.000 Arbeitnehmer*innen aus 31 Mitgliedern,
6.001 bis 7.000 Arbeitnehmer*innen aus 33 Mitgliedern,
7.001 bis 9.000 Arbeitnehmer*innen aus 35 Mitgliedern.

In Betrieben mit mehr als 9.000 Arbeitnehmer*innen erhöht sich die Zahl der Mitglieder des Betriebsrats für je angefangene weitere 3.000 Arbeitnehmer um 2 Mitglieder.

Das Wahlausschreiben
Mit dem Wahlausschreiben werden die Betriebsratswahlen eingeleitet. Es muss spätestens sechs Wochen vor der Stimmabgabe bekannt gemacht werden. Die Erstellung des korrekten und vollständigen Wahlausschreibens ist eine der wichtigsten Aufgaben des Wahlvorstands.

Kurz gefasst
Das Wahlausschreiben beinhaltet u.a.

  • Zeit, Tag und Ort der Stimmabgabe
  • Informationen über die Briefwahl
  • Möglichkeiten der Einsichtnahme in die Wählendenliste
  • Fristen zur Einreichung der Kandidierendenvorschläge.

Worauf kommt es an?

Von Leiharbeitnehmer*innen bis zu Mindestsitzen für ein Geschlecht – Antworten zu den wichtigsten Fragen zur Einleitung der Wahl

Wahlberechtigt sind laut § 7 BetrVG alle Arbeitnehmer*innen des Betriebs, die am Wahltag mindestens 16 Jahre alt sind. Dazu gehören alle, die einen Arbeitsvertrag mit dem Arbeitgeber abgeschlossen haben bzw. weisungsgebunden im Betrieb tätig sind, unter anderem auch Auszubildende, Teilzeitarbeitnehmer*innen, Minijobber*innen und Außendienstmitarbeiter*innen.

Wählbar sind gemäß § 8 BetrVG alle wahlberechtigten Arbeitnehmer*innen, die am letzten Wahltag mindestens 18 Jahre alt sind und sechs Monate dem Betrieb, Unternehmen oder Konzern angehören (Ausnahmen gelten, sofern der Betrieb am Wahltag noch keine sechs Monate besteht).

 

Für die Wahlberechtigung ist ein bestehendes Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber ausschlaggebend. Dies liegt bei der Altersteilzeit, dem Mutterschutz und der Elternzeit vor.

Beim Mutterschutz und in der Elternzeit ruht dieses lediglich. Deshalb dürfen diese beiden Arbeitnehmer*innengruppen wählen und gewählt werden. Bei der Altersteilzeit ist das differenzierter zu betrachten. Solange Arbeitnehmer*innen in Altersteilzeit aktiv arbeiten, sind sie wahlberechtigt. Befindet sich der*die Arbeitnehmer*in jedoch innerhalb des so genannten Blockmodells in der passiven Phase, arbeitet also nicht mehr, so besteht nach der Rechtsprechung des BAG keine Wahlberechtigung.

Ausschlaggebend für die Wahlberechtigung ist also die Antwort auf die Frage, ob der*die Arbeitnehmer*in nach der jeweiligen Phase das Recht hat, wieder in den Betrieb zurückzukehren.

Ja. Die im Betrieb Beschäftigten dürfen nicht nur in ihrem Verleiherbetrieb einen Betriebsrat wählen, sondern auch im Entleiherbetrieb.

Voraussetzung für die Wahl im Entleiherbetrieb ist nach § 7 Satz 2 BetrVG, dass sie „länger als drei Monate“ im Betrieb eingesetzt werden. Ist dies der Fall, ist der*die Leiharbeitnehmer*in bereits am ersten Tag der Überlassung wahlberechtigt. Maßgeblich ist die Gesamteinsatzdauer, nicht die Einsatzdauer nach dem Wahltag. Der Wahlvorstand kann dafür die Überlassungsverträge vom Arbeitgeber anfordern. In diesen ist in der Regel die Überlassungszeit geregelt.

Leiharbeitnehmer*innen können aber nicht gewählt werden. Nach Rechtsprechung des BAG (13.03.2013 – 7 ABR 69/11) zählen Leiharbeitnehmer*innen hinsichtlich der Schwellenwerte des § 9 BetrVG mit, also z.B. für die Festlegung der Größe des Betriebsrats oder für eine Freistellung.

Jede*r Arbeitnehmer*in kann als "Listenführer*in" eine Kandidierendenliste, d.h. einen Wahlvorschlag initiieren und auf diesem Wahlvorschlag Namen von Kandidierenden für die Betriebsratswahl sammeln. Damit der Wahlvorschlag gültig ist, sind die Vorschriften des § 6 WO zu beachten. Und in § 14 Abs. 4 BetrVG werden die Stützunterschriften geregelt.

In Betrieben mit in der Regel mehr als einhundert wahlberechtigten Arbeitnehmer*innen muss ein Wahlvorschlag von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer*innen unterzeichnet sein.
In Betrieben mit 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmer*innen sind zwei Stützunterschriften auf einem Wahlvorschlag ausreichend und in Betrieben mit bis zu 20 Arbeitnehmer*innen sind gar keine Stützunterschriften erforderlich.

Die Stützunterschriften sollen verhindern, dass völlig aussichtslose Wahlvorschläge zur Wahl zugelassen werden. Wenn ein*e Arbeitnehmer*in einem Wahlvorschlag die Stützunterschrift gibt, besagt dies nur, dass er*sie es richtig findet, dass der Wahlvorschlag zur Wahl zugelassen wird. Eine Wahl oder eine Wahlverpflichtung entsteht dadurch nicht.

Wichtig ist: Die Stützunterschrift darf erst geleistet werden, wenn die Liste der Kandidierenden abgeschlossen ist. Sonst können keine Kandidat*innen mehr eingetragen werden. Also erst alle Kandidat*innen suchen und auf der Liste eintragen lassen, dann die Stützunterschriften sammeln.

Ja, das ist möglich, weil die einzige Voraussetzung dafür ist, dass man in der Wählendenliste steht.

Ja, das ist in § 2 Abs. 5 WO BetrVG geregelt. Der Wahlvorstand soll dafür sorgen, dass ausländische Arbeitnehmer*innen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, vor Einleitung der Betriebsratswahl über Wahlverfahren, Aufstellung der Wählenden- und Vorschlagslisten, Wahlvorgang und Stimmabgabe in geeigneter Weise unterrichtet werden.

Gegen diese Form der Äußerungen muss der Wahlvorstand vorgehen. Am besten gemeinsam mit dem Betriebsrat, aber auch zusammen mit dem Arbeitgeber. Alle demokratisch denkenden Arbeitnehmer*innen müssen rechtsextremistischen Äußerungen entgegentreten. Gegebenenfalls sind die einzelnen Argumente öffentlich zu widerlegen. Betriebliche Aktionen, u.a. eine Betriebsversammlung zu diesem Thema, können erforderlich sein. Für einen bestehenden Betriebsrat sind § 80 Abs. 1 Nr. 7 und § 45 BetrVG hilfreich.

Zunächst sollte der Wahlvorstand den Arbeitgeber höflich, aber bestimmt auffordern, dieses Verhalten zu unterlassen. Sollte der Arbeitgeber dieses Verhalten nicht unverzüglich unterlassen, so muss der Wahlvorstand ihn schriftlich dazu auffordern. Es sollte darauf aufmerksam gemacht werden, dass sich der Arbeitgeber mit einem solchen Verhalten strafbar macht. Der Tatbestand ergibt sich aus § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Sollte der Arbeitgeber auch dann noch nicht einlenken, so sollte anwaltlicher Rat, z.B. über den DGB-Rechtsschutz hinzugezogen werden. Diese werden prüfen, ob Strafanzeige gestellt oder eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung der störenden Tätigkeit des Arbeitgebers beim Arbeitsgericht beantragt wird. Der Wahlvorstand sollte peinlich genau ein "Tagebuch" führen, in dem jeder Vorfall und jedes Verhalten (das eigene und das des Arbeitgebers) als Gedankenstütze für gerichtliche Auseinandersetzungen festgehalten wird.

Übrigens: Das alles gilt selbstverständlich auch, wenn Arbeitnehmer*innen die Wahlaushänge blockieren oder die Wahlen stören.

Nein. Das "Minderheitengeschlecht" muss zwar entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis in der Belegschaft im Betriebsrat vertreten sein (§ 15 Abs. 2 BetrVG), jedoch gibt es keine Sanktion, wenn dies aufgrund fehlender Bewerber*innen des Minderheitengeschlechts nicht möglich ist. Es gilt immer der Grundsatz: Wahlen setzen Kandidaturen voraus!

Ja. Die ordentliche Kündigung von Wahlbewerber*innen ist vom Zeitpunkt der Aufstellung des Wahlvorschlags bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig. Dies bestimmt § 15 Abs. 3 KSchG. Lediglich außerordentliche Kündigungen sind möglich, d.h. wenn dem*der Wahlbewerber*in äußerst schwere Pflichtverletzungen vorzuwerfen sind und die Einhaltung einer Kündigungsfrist dem Arbeitgeber nicht zuzumuten ist. In diesem Fall muss jedoch der (künftige) Betriebsrat seine Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung geben (§ 103 BetrVG). Darüber hinaus sind nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses alle Wahlbewerber*innen (auch die nicht gewählten) noch für ein weiteres halbes Jahr vor Kündigung geschützt, jedoch ohne dass bei einer außerordentlichen Kündigung die Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 BetrVG erforderlich wäre.

Beschäftigte, die die Absicht haben, in ihrem Betrieb erstmalig einen Betriebsrat zu gründen, sind durch § 15 Abs. 3b KSchG vor einer Kündigung geschützt. Hier ist geregelt, dass Arbeitnehmer*innen, die Vorbereitungshandlungen zur Errichtung eines Betriebsrats unternehmen und darüber eine öffentlich – sprich: notariell – beglaubigte Erklärung abgeben, nicht gekündigt werden dürfen, soweit die Kündigung aus Gründen erfolgen soll, die in der Person oder in dem Verhalten des*der Arbeitnehmer*in liegen. Der Kündigungsschutz gilt von der Abgabe der öffentlichen Erklärung bis zum Zeitpunkt der Einladung zu einer Betriebs- oder Wahlversammlung nach § 17 bzw. 17a BetrVG, längstens jedoch für drei Monate.

Ebenfalls vor Kündigung geschützt sind nach § 15 Abs. 3a KschG Arbeitnehmer*innen, die zu einer Wahl- oder Betriebsversammlung nach § 17 bzw. 17a BetrVG einladen. Der Kündigungsschutz gilt für die ersten sechs in der Einladung oder die ersten drei in der Antragstellung (zur Bestellung eines Wahlvorstandes durch das Arbeitsgericht) aufgeführten Arbeitnehmer vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Falls es doch nicht zu einer Betriebsratswahl kommt, besteht der Kündigungsschutz nach Satz 1 vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an drei Monate.

Lediglich außerordentliche Kündigungen sind möglich, d.h. wenn dem*der Wahlbewerber*in äußerst schwere Pflichtverletzungen vorzuwerfen sind und die Einhaltung einer Kündigungsfrist dem Arbeitgeber nicht zuzumuten ist. In diesem Fall muss jedoch der (künftige) Betriebsrat seine Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung geben (§ 103 BetrVG).

Bei einer Persönlichkeitswahl haben die Wähler*innen so viele Stimmen, wie BR-Mandate zu vergeben sind. Die Kandidierenden mit den meisten Stimmen sind gewählt (ggf. unter Berücksichtigung der Geschlechterquote).

Bei der Listenwahl haben die Wähler*innen nur eine Stimme, die sie einer Liste geben (ähnlich wie bei der Bundestagswahl) Eine Liste ist oftmals inhaltlich positioniert und der*die Wähler*in kann sich auf die politischen Aussagen der Mitglieder der Listen verlassen.

Oft halten Arbeitnehmer*innen die Persönlichkeitswahl für gerechter, weil über die einzelne Person abzustimmen ist. Jedoch darf nicht vergessen werden, dass auch jede*r das Recht hat, sich zu Gruppen zusammenzuschließen und eine gemeinsame Vorschlagsliste einzureichen. Die Reihenfolge auf der Liste legen die Listenmitglieder durch demokratische Wahl fest.

Zuerst muss der Wahlvorstand unverzüglich eine Sitzung abhalten und über den Einspruch beraten. Sofern er berechtigt ist, wird der Wahlvorstand die Wählendenliste berichtigen. Der Wahlvorstand unterrichtet die*den Einsprechende*n mit einem Bescheid über seine Entscheidung. Eine Begründung muss der Wahlvorstand nicht geben, es kann jedoch zweckmäßig sein. Geregelt ist dies in § 4 WO.

Auf der Grundlage von § 15 Abs. 2 BetrVG muss das Geschlecht in der Minderheit mindestens seinem zahlenmäßigen Verhältnis in der Belegschaft entsprechend auch im Betriebsrat vertreten sein. Die Mindestanzahl der Sitze im Betriebsrat für das Geschlecht in der Minderheit berechnet sich nach  dem d`Hondtschen Höchstzahlverfahren, das in § 5 WO genau beschrieben wird. Das Geschlecht in der Minderheit kann aber auch mehr Sitze haben oder sogar innerhalb des Betriebsrats in der Mehrheit sein bzw. den Betriebsrat  ganz stellen. Denn die Mehrheit muss vor der Minderheit nicht geschützt werden.

Wenn das Geschlecht in der Minderheit nur sehr wenige Personen umfasst, kann die Berechnung auch ergeben, dass es keinen Anspruch auf einen Mindestsitz im Betriebsrat hat.

Sofern das "Normale Wahlverfahren" angewendet wird (Betriebe mit mehr als 100 bzw. 200 wahlberechtigten Arbeitnehmer*innen), bekommen die Arbeitnehmer*innen die Chance, innerhalb einer Nachfrist von einer Woche doch noch einen Wahlvorschlag einzureichen (§ 9 Abs. 1 WO). Reichen die Arbeitnehmer*innen auch nach dieser Zeit keinen gültigen Wahlvorschlag ein, so gibt der Wahlvorstand bekannt, dass keine Betriebsratswahl stattfindet (§ 9 Abs. 2 WO). Trotzdem ist es aber danach zu jedem Zeitpunkt möglich, erneut ein Wahlverfahren einzuleiten.

Im "Vereinfachten Wahlverfahren" entfällt die Nachfrist, und der Wahlvorstand gibt gleich nach Ablauf der Frist für die Einreichung von Wahlvorschlägen bekannt, dass zum vorgesehenen Zeitpunkt keine Betriebsratswahl stattfindet. Selbstverständlich ist es möglich, zu jedem Zeitpunkt erneut den Versuch zu unternehmen, eine Betriebsratswahl einzuleiten.

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