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Personalratswahl nach dem HPVG

Berechnung des Ergebnisses nach dem Verfahren Hare-Niemeyer

Nach diesem mathematischen Verfahren wird bei Listenwahl das Ergebnis (die Sitze des Personalrats in der Gruppe) auf die Listen verteilt.

Beispiel: Es haben drei Vorschlagslisten kandidiert. In der Gruppe sind 7 Sitze zu vergeben. Abgegeben wurden 230 Stimmen. Die Liste A hat 110 Stimmen, die Liste B 35 Stimmen und die Liste C 85 Stimmen erhalten. Zunächst wird für jede Liste eine Verhältniszahl errechnet. Die Formel dazu lautet: Stimmen für die Liste mal Zahl der Sitze durch Gesamtstimmenzahl.
 

Liste A Verhältniszahl Liste C Verhältniszahl Liste B Verhältniszahl
110 x 7
230
3,3478 85 x 7
230
2,5869 35 x 7
230
1,0652
Zunächst erhält jede Liste so viele Sitze, wie auf sie ganze Zahlen entfallen.
Sind danach noch Sitze zu vergeben, werden sie in der Reihenfolge der höchsten Zahlenbruchteile nach dem Komma vergeben.
Sitze nach Ganzzahlen 3   2   1
Sitze nach Bruchteilen -   1   -
Ergebnis: 3   3   1


Ergebnis: Die Listen A und B erhalten jeweils 3 Sitze, die Liste C erhält einen Sitz. Dass die Listen A und B trotz unterschiedlichem Stimmergebnis die gleiche Sitzzahl haben, ist das Produkt des Systems der Verhältniswahl und seiner Berechnung nach Hare-Niemeyer. Wollte man die Ergebnisse exakt wiedergeben, müssten Teil-Personalratsmitglieder in den Personalrat einziehen – der Mensch ist aber nicht teilbar.

Verteilung der Sitze auf die Geschlechter
Dazu werden die Listen in der Reihenfolge der meisten auf sie entfallenen Stimmen geordnet (in der obigen Tabelle bereits geschehen). Dann werden den Listen die ihnen zustehenden Sitze abwechselnd für jedes Geschlecht der Reihe nach zugeteilt. Dabei wird mit dem in der Gruppe zahlenmäßig stärksten Geschlecht begonnen.
 

Liste A   Liste C   Liste B  
1. Frau   2. Frau   3. Frau  
1. Mann 2. Mann -
4. Frau 5. Frau -


In dem Beispiel sind in der Gruppe die Frauen in der Mehrzahl (das „zahlenmäßig stärkste Geschlecht“), ihnen stehen 5 Sitze zu, den Männern nur zwei. Es wurden also zunächst von links nach rechts die Frauensitze auf die Listen verteilt, danach die Männersitze und dann wieder die Frauensitze. In der Liste B gehen die Männer leer aus, auch hinsichtlich der Nachrücker.

Noch ein Beispiel:

Liste A Liste B
1. Mann -
- 1. Frau

 

In der anderen Gruppe sind nur zwei Sitze zu vergeben. Die Männer sind zwar in der Mehrzahl, dennoch haben beide Geschlechter nur jeweils einen Sitz zu bekommen, beide Listen erreichten ebenfalls je einen Sitz. In diesem Fall wurde also zunächst der einzige Männersitz vergeben und dann der einzige Frauensitz.

 

Die Besonderheit des Verfahrens ist, dass Listen mit niedrigen Stimmergebnissen wie im ersten Beispiel eher nur einen Sitz für das zahlenmäßig stärkste Geschlecht erhalten und das andere Geschlecht nicht zum Zuge kommt (umgekehrt ist es im 2. Beispiel). Es besteht also eine gewisse Ungleichheit.

Diese Form der Verteilung der Sitze ist aber nach ständiger Rechtsprechung richtig und zulässig, vgl. VGH Hessen vom 14.12.1999 – 22 TL 107/99 und vom 17.11.2005 – 22 TL 254/05.

Leitsatz: Auch nach Einführung des Auszählverfahrens nach Hare-Niemeyer sind die bei der Personalratswahl auf die Vorschlagslisten entfallenen Sitze auf die Geschlechter nach § 24 Abs. 3 WO HPVG horizontal so zu verteilen, dass zunächst alle Vorschlagslisten einen Sitz desjenigen Geschlechts erhalten, auf das der größte Beschäftigtenanteil in der Gruppe entfällt, und sodann jede Vorschlagsliste einen Sitz des anderen Geschlechts, sofern vorhanden.

Was ist, wenn zwei Listen das gleiche Ergebnis haben?
Dann erhält jede der Listen zunächst die gleiche Zahl an Sitzen; wenn einer übrig bleibt, wird er im Losverfahren vergeben.

Und wenn zwei Verhältniszahlen (oder Bruchteile) zufällig gleich groß sind und nur noch ein Sitz zu vergeben ist?
Dann wird dieser Sitz im Losverfahren vergeben.

Welches Losverfahren ist zulässig?
Es gibt mehrere zulässige Verfahren (durch Rechtsprechung abgesichert):

  • Los ziehen: In einen Behälter werden zwei gleichaussehende, zusammengefaltete Zettel gelegt, auf denen jeweils die Bezeichnung einer Gruppe steht. Der Behälter wird geschüttelt, eine Person zieht einen Zettel. Die Gruppe, deren Zettel gezogen wurde, bekommt den Sitz.
  • Münzwurf: Der Münzwurf ist zulässig, wenn die Münze mindestens 50 cm hoch geworfen wird und auf einen harten Untergrund fällt (und nicht etwa mit der Hand aufgefangen wird) – (VGH Bayern vom 13.02.1991 – 17 P 90.3560).


Unzulässig sind Streichholzziehen und Würfeln, weil dabei die Gefahr der Manipulation besteht (OVG Thüringen vom 20.03.2001).

Der Losentscheid ist auch bei anderen Wahlen nach dem Personalvertretungsrecht zulässig.

Eine Liste hat gar keinen Sitz erhalten. Rücken die später evtl. nach?
Nein. Eine Liste, die bei der Wahl bzw. der Berechnung nach Hare-Niemeyer keinen Sitz erhalten hat, ist für die gesamte Wahlperiode aus dem Rennen. Auch wenn bei den anderen Listen später alle Ersatzmitglieder eingesetzt wurden, rücken die Bewerber*innen dieser Liste nicht nach. Dann gibt es Neuwahlen, wenn zu wenig Personalratsmitglieder vorhanden sind (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 HPVG).

Wie ist es bei der gemeinsamen Wahl?
Bei der gemeinsamen Wahl gibt es nur Vorschlagslisten für den gesamten Personalrat. Auch dann wird zunächst so gerechnet wie oben. Aber: Die Sitze werden gruppenweise vergeben! Wenn also die Sitze für die Gruppe der Arbeitnehmer*innen vergeben sind, entfallen die nächsten Sitze auf die Gruppe der Beamt*innen.

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