Urteile
Erfolgreiche Wahlanfechtung – Wiederholungswahl oder Neuwahl?
Orientierungssätze
Die Wiederholung der Wahl des gesamten Personalrats nach erfolgreicher Wahlanfechtung beruht auch nach längerer Zeit und verändertem Personalbestand auf den ursprünglichen Verhältnissen (grundsätzlich keine Neuwahl).
Gericht
OVG Rheinland-Pfalz vom 08.07.2016Aktenzeichen
OVG 62 PV 1.16Rechtsgrundlage
§ 25 BPersVG, § 27 BPersVG
Der Rechtsstreit
Der Wahlvorstand einer Dienststelle der Bundesagentur ist bei der regelmäßigen Personalratswahl 2012 von elf zu wählenden Personalratsmitgliedern ausgegangen. Die Dienststellenleitung hat die Wahl angefochten, da der Wahlvorstand bei der Feststellung der Größe des Personalrats Beschäftigte berücksichtigt hatte, die bereits im Jobcenter tätig waren. Die Wahlanfechtung war erfolgreich.
Die Wiederholungswahl fand im Juli 2015 statt. Dabei stellte der Wahlvorstand eine Größe des zu wählenden Personalrats von neun Mitgliedern fest. Er stützte sich dabei auf die Verhältnisse, die im März 2012 in der Dienststelle bestanden. Auch diese Wahl wurde von der Dienststellenleitung angefochten, da nach den Verhältnissen im Juli 2015 wegen der Reduzierung der Beschäftigtenzahl nur noch ein Personalrat mit sieben Mitgliedern zu wählen wäre. Die Wahlanfechtung hatte vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg keinen Erfolg. Die Revision wurde vom Bundesverwaltungsgericht aus formalen Gründen zurückgewiesen (Beschluss vom 29.05.2018 - BVerwG 5 P 6.16).
Der Kommentar
Es dürfte kein Zweifel daran bestehen, dass nach der erfolgreichen Anfechtung einer Personalratswahl ein neuer Personalrat zu wählen ist. Im Personalvertretungsrecht muss jedoch unterschieden werden, ob dieser neue Personalrat auch in einer Neuwahl oder in einer Wiederholungswahl zu wählen ist. Neuwahl würde bedeuten, ein neuer Wahlvorstand trifft alle Vorbereitungen und Feststellungen so, wie sie zum aktuellen Stand in der Dienststelle zu treffen sind. Das heißt, es wird ein Wählerverzeichnis auf der Basis der derzeitigen Beschäftigtenzahlen erstellt und danach die Größe des Personalrats und die Verteilung der Sitze auf die Gruppen ermittelt. Das leuchtet ein und ist auch in den meisten Landespersonalvertretungsgesetzen so geregelt.
Nicht jedoch im BPersVG, in Baden-Württemberg (§ 21 Abs. 2 LPVG BW), Bayern (Art. 25 Abs. 2 BayPVG) und in Rheinland-Pfalz (§ 19 Abs. 2 LPersVG RLP). Hier ist die für ungültig erklärte fehlerhafte Wahl zu wiederholen, und zwar auf der Basis der ursprünglichen Feststellungen und der alten Wählerverzeichnisse. Es gibt zwar einen neuen Wahlvorstand, aber inzwischen neu eingestellte Beschäftigte dürfen nicht wählen. Es bleibt bei der Größe des Personalrats und der Verteilung auf die Gruppen, ohne Rücksicht auf inzwischen eingetretene Änderungen.
Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, z.B. in BVerwG vom 15.02.1994 - 6 P 9/92. Das Oberverwaltungsgericht hatte in der Begründung zu der oben zitierten Entscheidung die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen und der Hoffnung Ausdruck gegeben, dass dies seine Rechtsprechung ändert und dem einleuchtenderen Verfahren von echten Neuwahlen nach Wahlanfechtung den Weg öffnet. Das ist, wie ebenfalls schon vermerkt, aus formalen Gründen unterblieben.
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