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Urteile

Freigestelltes Betriebsratsmitglied – Abmeldepflicht

Orientierungssätze

Freigestellte Betriebsratsmitglieder sind verpflichtet, sich beim Arbeitgeber unter Angabe der voraussichtlichen Dauer der Betriebsratstätigkeit abzumelden, wenn sie außerhalb des Betriebs erforderlichen Betriebsratsaufgaben nachgehen, und sich bei der Rückkehr in den Betrieb zurückzumelden.

  • Gericht

    Bundesarbeitsgericht vom 24.02.2016
  • Aktenzeichen

    7 ABR 20/14

Der Rechtsstreit

Die Parteien streiten darüber, ob freigestellte Betriebsratsmitglieder verpflichtet sind, sich vor Verlassen des Betriebs beim Arbeitgeber unter Angabe von Ort und voraussichtlicher Dauer abzumelden, wenn sie Betriebsratstätigkeiten außerhalb des Betriebs wahrnehmen und zu diesem Zweck das Betriebsgelände verlassen müssen.

Der Betriebsrat und der Arbeitgeber führten im März 2012 ein Verfahren vor der Einigungsstelle. Zur Vorbereitung auf den anstehenden Termin vor der Einigungsstelle wollten die freigestellten Mitarbeiter am 01.03.2012 das Betriebsgelände verlassen und ihren Verfahrensbevollmächtigten in dessen Kanzlei in Berlin aufsuchen. Sie beantragten beim Arbeitgeber eine Dienstreise nach Berlin und zurück. Der Arbeitgeber teilte den Betriebsratsmitgliedern mit, dass er die Dienstreise nicht befürworte und forderte den Betriebsrat mit Schreiben vom 26.03.2012 auf, sich zukünftig vor Verlassen des Betriebs bei der Geschäftsführung unter Angabe der voraussichtlichen Dauer der Abwesenheit sowie unter Angabe des Orts abzumelden. Nach Rückkehr in den Betrieb sollen sich die Mitglieder auch wieder bei der Geschäftsleitung zurückmelden.

Der Betriebsrat leitete daraufhin ein Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht ein, um feststellen zu lassen, dass die Betriebsratsmitglieder weder verpflichtet seien, sich vor Wahrnehmung einer außerbetrieblichen Betriebsratstätigkeit unter Angabe von Ort und voraussichtlicher Dauer bei der Geschäftsleitung abzumelden noch sich nach der Rückkehr wieder bei der Geschäftsleitung zurückzumelden. Der Betriebsrat vertrat die Auffassung, dass der Arbeitgeber kein berechtigtes Interesse an der An- und Abmeldung von freigestellten Betriebsratsmitgliedern habe, da die Erreichbarkeit des Betriebsrats trotz Abwesenheit gewährleistet sei.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht hat der Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers stattgegeben und den Antrag des Betriebsrats im Wesentlichen zurückgewiesen.

Der Kommentar

Mit dem vorliegenden Beschluss bekräftigt das Bundesarbeitsgericht (BAG) seine bisherige Rechtsprechung zu den Ab- und Anmeldepflichten von freigestellten Betriebsratsmitgliedern. Das BAG sieht die rechtliche Grundlage für diese Verpflichtung zum einen als kollektivrechtliche Pflicht, die aus dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 1 BetrVG resultiert und zum anderen besteht nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht der einzelnen Betriebsratsmitglieder ihre Abwesenheit unter Angabe der vermeintlichen Dauer anzuzeigen und sich anschließend zurückzumelden.

Ein freigestelltes Mitglied ist zwar von der Arbeitspflicht freigestellt, Rechtsfolge der Freistellung nach § 38 Abs. 1 BetrVG ist aber auch die Verpflichtung des jeweiligen Mitglieds zur Anwesenheit im Betrieb, um sich für anfallende Betriebsratstätigkeiten zur Verfügung zu halten.

Nach Auffassung des BAG hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran zu wissen, ob und wie lange die freigestellten Mitglieder vom Betrieb abwesend sein werden, da sie ihm in dieser Zeit nicht als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Begründet wird dieses Interesse auch damit, dass der Arbeitgeber wissen muss, wer im Bedarfsfall sein Ansprechpartner für die Belange des Betriebsrats ist.

Das Bundesarbeitsgericht hat allerdings auch entschieden, dass die Betriebsratsmitglieder den Arbeitgeber bei der Abmeldung nicht über den Ort informieren müssen. Für die Planungssicherheit reicht die Ab- und Anmeldung unter Angabe der voraussichtlichen Dauer.

Das bedeutet jedoch nicht, dass der Betriebsrat dem Arbeitgeber den Ort seiner Betriebsratstätigkeit überhaupt nicht mitteilen muss. Da der Arbeitgeber im Rahmen der Kostenerstattung beurteilen können muss, ob die Außentätigkeit des Mitglieds erforderlich war, muss der Betriebsrat ihn nachträglich über den Ort und gegebenenfalls über weitere Einzelheiten der wahrgenommenen Betriebsratstätigkeit informieren.


Zusammengestellt und kommentiert von Ass. jur. A. Bullerdiek, Düsseldorf, 16.06.2016

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