Urteile
Rechtzeitige Prüfung der Wahlvorschläge
Orientierungssätze
1. Prüft der Wahlvorstand einen am drittletzten Tag der Einreichungsfrist für Wahlvorschläge eingegangenen Wahlvorschlag erst in einer um 13.00 Uhr am letzten Tag der Einreichungsfrist beginnenden Sitzung, so ist das ein wesentlicher Verstoß gegen die Vorschriften für die Durchführung der Personalratswahl, der zur wirksamen Anfechtung der Wahl führen kann.
2. Den Listenvertretern eines wegen einer fehlenden Unterschrift für ungültig erklärten Wahlvorschlags kann es jedenfalls dann nicht zugemutet werden, die fehlende Unterschrift in den verbleibenden wenigen Stunden vor Schluss der Einreichungsfrist zu beschaffen, wenn sie ihren Wahlvorschlag wie hier rechtzeitig eingereicht haben. Die Prüfung und Rückgabe des Wahlvorschlags hätte spätestens am vorletzten Tag der Frist erfolgen müssen.
3. Ein Zuwarten mit der Prüfung der Gültigkeit, bis sich unter Umständen nach Ansammlung mehrerer Wahlvorschläge eine Prüfung „lohnt“, ist unzulässig (Lorentzen/Schmidt, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 10 BPersVWO Rn. 7). Mit den organisatorischen Schwierigkeiten beim Zusammentritt eines aus mehreren Mitgliedern bestehenden Gremiums lässt sich ein solches Vorgehen ebenfalls nicht begründen. Das Aufschieben auf den letzten Tag des Fristablaufs ist mit der Pflicht zur unverzüglichen Prüfung und Rückgabe umso weniger vereinbar, als der Wahlvorstand bei ungeprüft entgegengenommenen Wahlvorschlägen gar nicht wissen kann, welcher Art ein etwaiger Mangel ist, und ob die nach einer Prüfung am letzten Tag des Fristablaufs verbleibende Zeit für die Behebung des Mangels und die Neueinreichung des Wahlvorschlags tatsächlich ausreichen wird.
Gericht
VGH Hessen vom 24.10.2002Aktenzeichen
21 TK 3290/00Rechtsgrundlage
§ 25 BPersVG, § 8 BPersVWO, § 10 Abs. 2 BPersVWO (sowie die entsprechenden Bestimmungen der Landespersonalvertretungsgesetze)
Der Kommentar
Diese Entscheidung des VGH Hessen ist nur eine von mehreren im Ergebnis gleichlautenden Entscheidungen der Verwaltungs- und auch der Arbeitsgerichte. Der Wahlvorstand hat sich insbesondere in den letzten Tagen der Frist für die Einreichung von Wahlvorschlägen jederzeit zu einer Sitzung und zur unverzüglichen Prüfung eingegangener Wahlvorschläge bereit zu halten. Gerade solche Listeneinreicher, die nicht bis auf den „letzten Drücker“ warten, müssen darauf vertrauen können, dass der Wahlvorstand seine Aufgabe zeitnah wahrnimmt.
Vertreter von Wahlvorschlägen allerdings, die diese erst kurz vor dem Ende der Frist einreichen, haben im Fall von Mängeln, die zur Ungültigkeit führen, Pech gehabt. Die Frist kann in keinem Fall, auch nicht für Stunden, verlängert werden.
Anders verhält es sich bei behebbaren Mängeln (§ 10 Abs. 5 BPersVWO). Die „Reparaturfrist“ von drei Tagen springt über das Ende der Einreichungsfrist, der geheilte Wahlvorschlag kann also auch danach dem Wahlvorstand zurückgegeben werden – sofern das innerhalb der Drei-Tages-Frist stattfindet. Eine nochmalige Frist bei erneuten Fehlern ist allerdings nicht zulässig.
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