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Einstellungsuntersuchung: Wie läuft diese Untersuchung ab?

Immer häufiger werden Beschäftigte vor Beginn eines neuen Arbeitsverhältnisses zum Betriebsarzt geschickt, um sich „durchchecken“ zu lassen. Nur in wenigen Fällen sind Einstellungsuntersuchungen jedoch gesetzlich vorgeschrieben. In der Regel gibt es keine gesetzliche Grundlage zur Durchführung einer Einstellungsuntersuchung – den Beschäftigten nützt das aber nicht viel: Weigert man sich, an der Einstellungsuntersuchung teilzunehmen, riskiert man, die gewünschte Stelle nicht zu bekommen. Wir wollen deshalb im Folgenden wichtige Fragen zum Thema Einstellungsuntersuchung beantworten.

Eine Einstellungsuntersuchung kann unterschiedliche Ziele verfolgen: Der Arbeitgeber hat ein Interesse daran zu erfahren, ob ein*e Bewerber*in aus gesundheitlicher Sicht die Anforderungen des Arbeitsplatzes bewältigt. Eine Ansteckungsgefahr für die Beschäftigen und Kund*innen soll ausgeschlossen werden, und bei manchen Berufsgruppen (z.B. Pilot*innen, Busfahrer*innen, Lokführer*innen) spielt auch der Schutz von Dritten (u.a. Passagier*innen) eine wichtige Rolle. Zugleich können Einstellungsuntersuchungen im Interesse des*der Bewerber*in liegen. Schließlich soll die eigene Gesundheit nicht durch die angestrebte berufliche Tätigkeit gefährdet werden.

Gemäß § 32 Abs. 1 Jugendarbeitsschutzgesetz dürfen Jugendliche (bis 18 Jahre) nur dann beschäftigt werden, wenn sie innerhalb der letzten 14 Monate von Ärzt*innen untersucht worden sind und dem Arbeitgeber eine von diesen Ärzt*innen ausgestellte Bescheinigung vorliegt. Des Weiteren sind medizinische Untersuchungen bei Umgang mit Gefahrenstoffen oder Strahlenbelastung (z.B. für Röntgenassistent*innen), für Personen mit besonderer Verantwortung für andere (z.B. Lokführer*innen, Pilot*innen, Busfahrer*innen, Ärzt*innen) und bei Beamt*innen vorgeschrieben.

Die Einstellungsuntersuchung ist von den medizinischen Vorsorgeuntersuchungen i.S.d. ArbMedVV zu unterscheiden. Letztere dienen u.a. der Früherkennung und Verhütung arbeitsbedingter Erkrankungen. Gem. § 3 Abs. 3 S. 2 ArbMedVV sollen sie grundsätzlich nicht mit einer Eignungsuntersuchung zusammen durchgeführt werden.

Niemand kann gezwungen werden, an einer gesetzlich nicht vorgeschriebenen medizinischen Untersuchung teilzunehmen. Einstellungsuntersuchungen greifen in das grundrechtlich durch Art. 2 GG geschützte Persönlichkeitsrecht ein und bedürfen einer Rechtsgrundlage. Sie sind nur mit Einwilligung  des Bewerbers/der Bewerberin zulässig und der Arbeitgeber muss ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der gesundheitlichen Eignung haben. Dennoch ist es nicht ratsam, die vom Arbeitgeber geforderte Einstellungsuntersuchung abzulehnen. Das Risiko, bei einer Weigerung den angestrebten Job nicht zu bekommen, ist zu hoch. Stattdessen sollte man sich im Vorfeld darüber informieren, wie eine Einstellungsuntersuchung abläuft und wie man sich gegen unzulässige Fragen oder Untersuchungsbestandteile zur Wehr setzen kann.

Der Arbeitgeber wird in der Regel darauf drängen, die Einstellungsuntersuchung durch den Betriebs- oder Werksarzt durchführen zu lassen, denn der Arzt sollte die Anforderungen an den zu besetzenden Arbeitsplatz kennen, um die körperliche Eignung beurteilen zu können. Der Arbeitgeber trägt dann auch die Kosten der Untersuchung. Allerdings kann der Arbeitgeber den Bewerbern/Bewerberinnen nicht vorschreiben, welchen Arzt sie aufzusuchen haben. Diese können auch einen Arzt ihrer Wahl aufsuchen, sie müssen dann aber ggf. die Kosten für die ärztliche Untersuchung selbst tragen.

Eine Einstellungsuntersuchung darf nur bei vorheriger Einwilligung des*der Bewerber*in durchgeführt werden. Dies gilt auch, wenn die Untersuchung gesetzlich vorgeschrieben ist.

Ärzt*innen müssen zuvor über die Art und den Umfang der Untersuchung informieren. Zu den Untersuchungen gehören z.B.:

  • körperliche Untersuchung von Herz, Lunge, Leber,
  • Blutdruck- und Pulsmessung,
  • Laboruntersuchung von Blut und Urin,
  • Seh- und Hörtest,
  • Untersuchung der Farbenblindheit (bei Tätigkeiten, die Farbunterscheidungsfähigkeiten erfordern, z.B. Tätigkeit als Elektriker*in),
  • Untersuchung des Gleichgewichtssinns (z.B. bei Tätigkeiten mit Absturzgefahr, wie Dachdecker*innentätigkeit)
     


Folgende Fragen sind laut Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 07.06.1984 – 2 AZR 270/83) wahrheitsgemäß zu beantworten:

  • Liegt eine Krankheit bzw. eine Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes vor, durch die die Eignung für die vorgesehene Tätigkeit auf Dauer in periodisch wiederkehrenden Abständen eingeschränkt wird?
  • Liegen ansteckende Krankheiten vor, die zwar nicht die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, aber eine Gefährdung für Kolleg*innen oder Kund*innen darstellen?
  • Ist zum Zeitpunkt des Dienstantritts bzw. in absehbarer Zeit mit einer Arbeitsunfähigkeit zu rechnen, z.B. durch eine geplante Operation, eine bevorstehende Kur oder akute Erkrankung?


Ärzt*innen dürfen dem Arbeitgeber nur das Ergebnis der Untersuchung mitteilen, d.h. ob ein*e Bewerber*in „geeignet“, „nicht geeignet“ oder „geeignet unter bestimmten Voraussetzungen“ ist. Einzelne Befunde dürfen nicht mitgeteilt werden (es sei denn, die Ärzt*innen werden von ihrer Schweigepflicht entbunden). Die Untersuchungsbelege bleiben bei den Ärzt*innen und gehören nicht in die Personalakte. Ärzt*innen unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht.

Die Zulässigkeit einer Einstellungsuntersuchung bemisst sich nach den Anforderungen des jeweiligen Arbeitsplatzes. Der Betriebsarzt hat kein weitergehendes Fragerecht als der Arbeitgeber. Unzulässig sind Fragen nach Schwangerschaft, Vorerkrankungen, Krankheiten der Eltern und nach persönlichen Gewohnheiten, die nichts mit dem Arbeitsplatz zu tun haben. Unzulässig sind im Grundsatz auch genetische Untersuchungen (Ausnahmen s. § 20 GenDG) sowie Drogen- und Alkoholtests (außer die Tätigkeit setzt zwingend voraus, dass keine Drogen-/Alkoholabhängigkeit besteht, z.B. bei Tätigkeiten in sicherheitsrelevanten Arbeitsbereichen) Bei unzulässigen Fragen hat der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin ein „Recht zur Lüge“, d.h. derartige Fragen müssen nicht wahrheitsgemäß beantwortet werden. Unzulässige Untersuchungen können (und sollten) abgelehnt werden.

Bei vorgeschriebenen Einstellungsuntersuchungen (z.B. gemäß § 32 JArbSchG) gibt es in der Regel kein Mitbestimmungsrecht. Bei nicht vorgeschriebenen Einstellungsuntersuchungen müssen dem Betriebsrat die Ergebnisse vorgelegt werden. Darüber hinaus bedürfen Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen gem. § 95 Abs. 1 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats. Auch Blut- oder Urinuntersuchungen, die vor der Einstellung durchgeführt werden sollen, stellen Auswahlkriterien i.S.d. § 95 Abs. 1 BetrVG dar und sind daher mitbestimmungspflichtig. Bei persönlichen Angaben in einem Personalfragebogen hat die betriebliche Interessenvertretung gem. § 94 Abs. 1 BetrVG mitzubestimmen. Nur in Ausnahmefällen sind Fragen zu Krankheiten zulässig, z.B. dann, wenn sie Krankheiten betreffen, die die Leistungsfähigkeit des/der auf dem angestrebten Arbeitsplatz Beschäftigten dauerhaft gefährden oder einschränken (vgl. Fitting, BetrVG, 29. Aufl., § 94 Rn. 24). Fragen, die mit der vorgesehenen Tätigkeit nicht unmittelbar zu tun haben, wie z.B. Fragen nach dem allgemeinen Gesundheitszustand, sind unzulässig und sollten vom Betriebsrat selbstverständlich abgelehnt werden.

Redaktioneller Stand: Juni 2018

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