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Haftung des Arbeitnehmenden bei Arbeitsfehlern

Im Arbeitsleben kommt es vor, dass Arbeitnehmenden während der Arbeit Fehler unterlaufen. Entsteht dadurch dem Arbeitgeber, einer*m Kolleg*in oder einem Dritten ein Schaden, stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang die*der Arbeitnehmer*in hierfür haftet. Da die Gefahren für eine Haftung im Arbeitsleben vielfältig sind und es zahlreiche Besonderheiten (z.B. Mankohaftung) gibt, soll nachfolgend nur auf allgemeine Fragestellungen eingegangen werden.

Die*Der Arbeitnehmer*in muss seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung ordnungsgemäß erbringen und auch sogenannte Nebenpflichten beachten. So muss sie*er z.B. mit den ihr*ihm überlassenen Arbeitsmitteln (z.B. Werkzeuge, Computer, Maschinen, Kfz etc.) sorgfältig umgehen und darauf acht geben.

Verletzt die*der Arbeitnehmer*in ihre*seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag schuldhaft und verursacht er dadurch einen Schaden beim Arbeitgeber, haftet er hierfür. Ein Verhalten ist schuldhaft, wenn entweder Vorsatz oder Fahrlässigkeit vorliegen. Unter Fahrlässigkeit wird „die Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt“ verstanden.

Der Arbeitgeber muss allerdings die Pflichtverletzung und den Grad des Verschuldens des Arbeitnehmenden beweisen (§ 619a BGB).

Da die*der Arbeitnehmende in der Regel nicht in der Lage ist, hohe Schäden, die im Rahmen seiner Tätigkeit entstanden sind, mit seinem Gehalt auszugleichen, hat die Rechtsprechung die Haftung begrenzt.

Bei leichtester Fahrlässigkeit (z.B. Versehen) haftet die*der Arbeitnehmende gar nicht.

Bei sog. mittlerer Fahrlässigkeit („schlichte Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt“) wird der Schaden geteilt. Das heißt jedoch nicht, dass die*der Arbeitnehmer*in zwingend 50 % des Schadens zahlen muss. Vielmehr muss eine Gesamtabwägung erfolgen, bei der z.B. die Gefahrgeneigtheit der Arbeit, die Höhe des Schadens, die Versicherbarkeit des Risikos (z.B. Abschluss einer Vollkaskoversicherung für Dienstwagen, Betriebshaftpflichtversicherung), die Stellung des Arbeitnehmenden im Betrieb, die Höhe des Gehalts, Lebensalter, bisheriges Verhalten sowie sonstige persönliche Umstände berücksichtigt werden müssen.

Bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit („grobe Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt“) besteht in der Regel eine volle Haftung (z.B. Fahren ohne Fahrerlaubnis, Trunkenheit am Steuer, Überfahren einer roten Ampel oder Nichtbeachtung von Verkehrsschildern, Übermüdung, Telefonieren während der Fahrt mit dem Handy etc.). Nur in Ausnahmefällen kann eine Haftungserleichterung bei grober Fahrlässigkeit möglich sein (z.B. bei einem erheblichen Missverhältnis zwischen Verdienst und Schadenshöhe).

Voraussetzung für eine Haftungsbegrenzung ist jedoch stets, dass die Tätigkeit betrieblich veranlasst war. Nutzt ein*e Arbeitnehmer*in z.B. einen Dienstwagen in seiner Freizeit, muss er im Schadensfall in voller Höhe haften. Diese Folgen können nur durch den Abschluss einer entsprechenden Versicherung vermieden werden.

Die Haftung des Arbeitnehmenden kann sich außerdem reduzieren, wenn dem Arbeitgeber ein Mitverschulden (z.B. fehlende Unterweisung, mangelnde Aufklärung des Arbeitnehmenden über die Gefahr eines Schadenseintritts, Missachtung der Arbeitsschutzvorschriften, mangelhaftes Arbeitsgerät etc.) zur Last gelegt werden kann.

Erleidet ein*e Arbeitnehmer*in durch eine betriebliche Tätigkeit einer*eines Arbeitskolleg*in einen Schaden an seiner Person, kommt die gesetzliche Unfallversicherung hierfür auf.

Bei rein fahrlässigem Verhalten haftet der Schädiger nicht. Das ergibt sich aus § 105 Abs. 1 S. 1 SGB VII. Handelte er dagegen grob fahrlässig oder sogar vorsätzlich, tritt die gesetzliche Unfallversicherung zwar ein, sie kann den Schadensverursacher jedoch gemäß § 110 SGB VII in Regress nehmen.

Bei Sachschäden gilt die Haftungsfreistellung durch die gesetzliche Unfallversicherung nicht. Beschädigt die*der Arbeitnehmer*in während der Arbeit z.B. die Kleidung oder sonstiges Eigentum eines Kollegen, stellt sich die Frage, wer für den Schaden aufkommen muss.

In diesem Fall haften die*der Arbeitnehmer*in und Arbeitgeber als Gesamtschuldner. Beide können somit von dem Geschädigten in Anspruch genommen werden. Grundsätzlich hat die*der Arbeitnehmer*in aber bei betrieblich veranlasster Tätigkeit gegenüber seinem Arbeitgeber einen sogenannten Freistellungsanspruch, d.h. er kann vom ihm verlangen, dass er den Schaden zahlt.

Hinsichtlich des Umfangs des Freistellungsanspruchs sind die gleichen Kriterien maßgeblich, die auch bei einer Haftung des Arbeitnehmenden gegenüber dem Arbeitgeber zur Anwendung kommen.

Das bedeutet, dass er bei einfachster Fahrlässigkeit einen vollen und bei mittlerer Fahrlässigkeit nur einen geminderten Freistellungsanspruch hat. Bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz entfällt eine Freistellung. Allerdings ist auch hier eine Abwägung im Einzelfall erforderlich. Ist der Arbeitgeber z.B. infolge einer Insolvenz nicht zahlungsfähig, muss die*der Arbeitnehmer*in selbst für den Schaden eintreten.

Arbeitnehmer*in und Arbeitgeber haften wiederum als Gesamtschuldner, wobei ebenfalls unter den oben genannten Voraussetzungen ein Freistellungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber besteht.

Grundsätzlich sollte sich die*der Arbeitnehmer*in nach Versicherungsmöglichkeiten erkundigen. So sollte abgeklärt werden, welche Schadensfälle bereits von einer privaten Haftpflichtversicherung gedeckt sind. Viele Berufsgruppen (z.B. Hebammen, Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater, Architekten) sind ohnehin zum Abschluss einer Berufs- oder Vermögensschadenhaftpflichtversicherung verpflichtet. Darüber hinaus bietet die GUV-Fakulta (gewerkschaftliche Unterstützungseinrichtung der DGB-Gewerkschaften) weitere Versicherungsmöglichkeiten.

Ansonsten kann er sich nur vor einer Haftung schützen, wenn er sich genau unterweisen und über mögliche Gefahren aufklären lässt. Sinnvoll ist es auch, sich danach zu erkundigen, ob der Arbeitgeber über eine Betriebshaftpflichtversicherung verfügt. Im äußersten Notfall kann die*der Arbeitnehmer*in auch die Arbeit verweigern, wenn das Schadensrisiko für ihn zu hoch ist (z.B. Fahrt mit einem nicht vollkaskoversicherten Lkw im Wert von 100.000,00 €).

Redaktioneller Stand: Juli 2025

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